Schrift 90 Paper 90
Schamanismus — Medizinmänner und Priester Shamanism—Medicine Men and Priests
90:0.1 (986.1) DIE Evolution der religiösen Gebräuche führte von Besänftigen, Abwenden von Unheil, Exorzisieren, Zwingen, Versöhnen und Gnädigstimmen zu Opfer, Sühne und Loskauf. Die Technik des religiösen Rituals entwickelte sich aus den primitiven Kultformen über Fetische zu Magie und Wunderglauben; und als das Ritual entsprechend der immer komplexeren Vorstellung des Menschen von den übermateriellen Reichen stets komplizierter wurde, geriet es unweigerlich unter die Herrschaft der Medizinmänner, Schamanen und Priester. 90:0.1 (986.1) THE evolution of religious observances progressed from placation, avoidance, exorcism, coercion, conciliation, and propitiation to sacrifice, atonement, and redemption. The technique of religious ritual passed from the forms of the primitive cult through fetishes to magic and miracles; and as ritual became more complex in response to man’s increasingly complex concept of the supermaterial realms, it was inevitably dominated by medicine men, shamans, and priests.
90:0.2 (986.2) Der primitive Mensch gelangte in seinen sich fortentwickelnden Vorstellungen schließlich zu der Überzeugung, dass die Welt der Geister dem gewöhnlichen Sterblichen nicht antworte. Nur ein aus der Menge herausragender Mensch konnte sich bei den Göttern Gehör verschaffen; nur einer außergewöhnlichen Männer- oder Frauengestalt liehen die Geister ihr Ohr. Die Religion tritt jetzt in eine neue Phase ein, in ein Stadium, wo sie schrittweise aus zweiter Hand bezogen wird; denn immer tritt jetzt ein Medizinmann, ein Schamane oder ein Priester zwischen den Glaubenden und den Gegenstand seiner Anbetung. Und heute durchlaufen auf Urantia die meisten Systeme organisierten religiösen Glaubens diese Stufe evolutionärer Entwicklung. 90:0.2 (986.2) In the advancing concepts of primitive man the spirit world was eventually regarded as being unresponsive to the ordinary mortal. Only the exceptional among humans could catch the ear of the gods; only the extraordinary man or woman would be heard by the spirits. Religion thus enters upon a new phase, a stage wherein it gradually becomes secondhanded; always does a medicine man, a shaman, or a priest intervene between the religionist and the object of worship. And today most Urantia systems of organized religious belief are passing through this level of evolutionary development.
90:0.3 (986.3) Die evolutionäre Religion ist aus einer einfachen, übermächtigen Furcht hervorgegangen, aus der Furcht, die im menschlichen Gemüt aufwallt, wenn es sich dem Unbekannten, Unerklärlichen und Unverständlichen gegenüber sieht. Der Religion gelingt am Ende die zutiefst einfache Verwirklichung einer übermächtigen Liebe, die die menschliche Seele unwiderstehlich durchflutet, wenn sie zum Erfassen der grenzenlosen Zuneigung erwacht, die der Universale Vater für die Söhne des Universums empfindet. Aber zwischen den Beginn und die Vollendung der evolutionären Religion schieben sich die langen Zeitalter der Schamanen, die sich als Mittler, Interpreten und Fürsprecher eine Zwischenstellung zwischen Mensch und Gott anmaßen. 90:0.3 (986.3) Evolutionary religion is born of a simple and all-powerful fear, the fear which surges through the human mind when confronted with the unknown, the inexplicable, and the incomprehensible. Religion eventually achieves the profoundly simple realization of an all-powerful love, the love which sweeps irresistibly through the human soul when awakened to the conception of the limitless affection of the Universal Father for the sons of the universe. But in between the beginning and the consummation of religious evolution, there intervene the long ages of the shamans, who presume to stand between man and God as intermediaries, interpreters, and intercessors.
1. Die ersten Schamanen — die Medizinmänner ^top 1. The First Shamans—The Medicine Men ^top
90:1.1 (986.4) Der Schamane war der höchste Medizinmann, der Fetischmann der Zeremonien und die Persönlichkeit, die im Mittelpunkt aller Praktiken der evolutionären Religion stand. Bei vielen Gruppen nahm der Schamane einen höheren Rang ein als der Kriegschef, was den Beginn der Herrschaft der Kirche über den Staat bedeutete. Der Schamane wirkte manchmal als Priester oder gar als Priesterkönig. Einige der späteren Stämme besaßen sowohl die früheren Schamanen-Medizinmänner (Seher) als auch die später erscheinenden Schamanen-Priester. Und in vielen Fällen wurde das Amt des Schamanen erblich. 90:1.1 (986.4) The shaman was the ranking medicine man, the ceremonial fetishman, and the focus personality for all the practices of evolutionary religion. In many groups the shaman outranked the war chief, marking the beginning of the church domination of the state. The shaman sometimes functioned as a priest and even as a priest-king. Some of the later tribes had both the earlier shaman-medicine men (seers) and the later appearing shaman-priests. And in many cases the office of shaman became hereditary.
90:1.2 (986.5) Da in alten Zeiten alles Abnormale der Besessenheit durch Geister zugeschrieben wurde, konnte jede beliebige auffallende mentale oder physische Abnormität jemanden als Medizinmann qualifizieren. Viele dieser Männer waren Epileptiker, viele dieser Frauen Hysterikerinnen, und diese beiden Typen sind zu einem guten Teil für einstige Inspiration sowie Besessenheit durch Geister und Dämonen verantwortlich. Recht viele dieser frühesten Priester gehörten einer Klasse an, die man seither als paranoid bezeichnet hat. 90:1.2 (986.5) Since in olden times anything abnormal was ascribed to spirit possession, any striking mental or physical abnormality constituted qualification for being a medicine man. Many of these men were epileptic, many of the women hysteric, and these two types accounted for a good deal of ancient inspiration as well as spirit and devil possession. Quite a few of these earliest of priests were of a class which has since been denominated paranoiac.
90:1.3 (987.1) Auch wenn sie vielleicht in kleineren Dingen zu Täuschungen griffen, so glaubten die Schamanen doch in ihrer großen Mehrheit an die Tatsache ihrer Besessenheit durch Geister. Frauen, die fähig waren, sich in eine Trance oder in einen kataleptischen Zustand zu versetzen, wurden mächtige Schamaninnen; später wurden solche Frauen Prophetinnen und Geistermedien. Ihre kataleptischen Trancen gingen immer mit angeblichen Verbindungen zu den Geistern der Toten einher. Viele Schamaninnen waren auch professionelle Tänzerinnen. 90:1.3 (987.1) While they may have practiced deception in minor matters, the great majority of the shamans believed in the fact of their spirit possession. Women who were able to throw themselves into a trance or a cataleptic fit became powerful shamanesses; later, such women became prophets and spirit mediums. Their cataleptic trances usually involved alleged communications with the ghosts of the dead. Many female shamans were also professional dancers.
90:1.4 (987.2) Aber nicht alle Schamanen unterlagen einer Selbsttäuschung; viele waren gerissene und geschickte Schwindler. Als sich der Beruf entwickelte, verlangte man von einem Novizen zehn Lehrjahre der Entbehrungen und Selbstverleugnung, um sich als Medizinmann zu qualifizieren. Die Schamanen entwickelten eine besondere Berufstracht und hatten ein geheimnisvolles Gehabe. Sie gebrauchten oft Drogen, um gewisse physische Zustände herbeizuführen, die die Stammesangehörigen beeindruckten und hinters Licht führten. Taschenspielerkunststücke wurden vom einfachen Volk als übernatürlich empfunden, und Bauchrednerei wurde zuerst von gerissenen Priestern angewandt. Viele der alten Schamanen entdeckten ungewollt den Hypnotismus; andere versetzten sich durch lang dauerndes Anstarren ihres Bauchnabels selber in Hypnose. 90:1.4 (987.2) But not all shamans were self-deceived; many were shrewd and able tricksters. As the profession developed, a novice was required to serve an apprenticeship of ten years of hardship and self-denial to qualify as a medicine man. The shamans developed a professional mode of dress and affected a mysterious conduct. They frequently employed drugs to induce certain physical states which would impress and mystify the tribesmen. Sleight-of-hand feats were regarded as supernatural by the common folk, and ventriloquism was first used by shrewd priests. Many of the olden shamans unwittingly stumbled onto hypnotism; others induced autohypnosis by prolonged staring at their navels.
90:1.5 (987.3) Obwohl viele zu solchen Tricks und Täuschungen Zuflucht nahmen, beruhte ihr Ruf als Klasse letztlich auf ihrer scheinbaren Leistung. Wenn ein Schamane bei seinen Unternehmungen erfolglos war, wurde er, sofern er keine einleuchtende Ausrede vorbringen konnte, entweder degradiert oder getötet. So gingen die ehrlichen Schamanen schon früh zugrunde; nur die durchtriebenen Schauspieler überlebten. 90:1.5 (987.3) While many resorted to these tricks and deceptions, their reputation as a class, after all, stood on apparent achievement. When a shaman failed in his undertakings, if he could not advance a plausible alibi, he was either demoted or killed. Thus the honest shamans early perished; only the shrewd actors survived.
90:1.6 (987.4) Der Schamanismus war es, der den Händen der Alten und Starken die ausschließliche Führung der Stammesangelegenheiten entriss und sie in die Hände der Gerissenen, Scharfsinnigen und Weitblickenden legte. 90:1.6 (987.4) It was shamanism that took the exclusive direction of tribal affairs out of the hands of the old and the strong and lodged it in the hands of the shrewd, the clever, and the farsighted.
2. Schamanische Praktiken ^top 2. Shamanistic Practices ^top
90:2.1 (987.5) Geisterbeschwörung war ein sehr präziser und hochkomplizierter Vorgang, der mit den heutigen, in einer alten Sprache abgehaltenen Kirchenritualen verglichen werden kann. Die menschliche Rasse suchte schon sehr früh nach übermenschlicher Hilfe, nach Offenbarung ; und die Menschen glaubten, dass der Schamane tatsächlich solche Offenbarungen empfing. Zwar verwendeten die Schamanen in ihrer Arbeit die große Macht der Suggestion, aber es war fast immer negative Suggestion; erst in jüngster Zeit ist die Technik positiver Suggestion angewendet worden. Am Anfang der Entwicklung ihres Berufs begannen die Schamanen, sich auf Gebieten wie Regenmachen, Heilung von Krankheiten und Aufklärung von Verbrechen zu spezialisieren. Krankheitsheilung war indessen nicht die Hauptfunktion des schamanischen Medizinmannes; diese war vielmehr, die Zufälle des Lebens zu kennen und zu beherrschen. 90:2.1 (987.5) Spirit conjuring was a very precise and highly complicated procedure, comparable to present-day church rituals conducted in an ancient tongue. The human race very early sought for superhuman help, for revelation; and men believed that the shaman actually received such revelations. While the shamans utilized the great power of suggestion in their work, it was almost invariably negative suggestion; only in very recent times has the technique of positive suggestion been employed. In the early development of their profession the shamans began to specialize in such vocations as rain making, disease healing, and crime detecting. To heal diseases was not, however, the chief function of a shamanic medicine man; it was, rather, to know and to control the hazards of living.
90:2.2 (987.6) Die einstige Schwarze Kunst, ob religiös oder weltlich, wurde Weiße Kunst genannt, wenn sie durch Priester, Seher, Schamanen oder Medizinmänner ausgeübt wurde. Wer Schwarze Kunst trieb, wurde Hexenmeister, Magier, Zauberer, Hexe, Nekromant, Geisterbeschwörer und Wahrsager genannt. Mit der Zeit wurde all solch angeblicher Kontakt mit der übernatürlichen Welt als Hexerei oder Schamanismus eingestuft. 90:2.2 (987.6) Ancient black art, both religious and secular, was called white art when practiced by either priests, seers, shamans, or medicine men. The practitioners of the black art were called sorcerers, magicians, wizards, witches, enchanters, necromancers, conjurers, and soothsayers. As time passed, all such purported contact with the supernatural was classified either as witchcraft or shamancraft.
90:2.3 (987.7) Die Hexerei umfasste die Magie, die durch frühere, irreguläre und nicht anerkannte Geister betrieben wurde; der Schamanismus befasste sich mit den Wundern, die von regulären Geistern und anerkannten Stammesgöttern bewirkt wurden. In späterer Zeit wurden die Hexen mit dem Teufel in Verbindung gebracht, und damit war die Voraussetzung für die relativ jungen Manifestationen religiöser Intoleranz geschaffen. Die Hexerei war die Religion vieler primitiver Stämme. 90:2.3 (987.7) Witchcraft embraced the magic performed by earlier, irregular, and unrecognized spirits; shamancraft had to do with miracles performed by regular spirits and recognized gods of the tribe. In later times the witch became associated with the devil, and thus was the stage set for the many comparatively recent exhibitions of religious intolerance. Witchcraft was a religion with many primitive tribes.
90:2.4 (987.8) Die Schamanen glaubten sehr stark an die Mission des Zufalls, in dem sich ihnen der Wille der Geister offenbarte; sie zogen häufig Lose, um zu Entscheidungen zu gelangen. Beispiele für die fortlebende Neigung, Lose entscheiden zu lassen, sind nicht nur die vielen Glücksspiele, sondern auch die wohlbekannten „Abzählreime“. Einst musste der Ausgezählte sterben; heute ist er es nur in irgendeinem kindischen Spiel. Was für den primitiven Menschen eine ernste Angelegenheit war, hat als Zeitvertreib des modernen Kindes überlebt. 90:2.4 (987.8) The shamans were great believers in the mission of chance as revelatory of the will of the spirits; they frequently cast lots to arrive at decisions. Modern survivals of this proclivity for casting lots are illustrated, not only in the many games of chance, but also in the well-known “counting-out” rhymes. Once, the person counted out must die; now, he is only it in some childish game. That which was serious business to primitive man has survived as a diversion of the modern child.
90:2.5 (988.1) Die Medizinmänner setzten großes Vertrauen in Zeichen und Vorzeichen wie: „Wenn du es in den Wipfeln der Maulbeerbäume rascheln hörst, dann beeile dich!“ Sehr früh in der Geschichte der Rasse wandten die Schamanen ihre Aufmerksamkeit den Sternen zu. Weltweit glaubte man an primitive Astrologie und pflegte sie; auch Traumdeutung breitete sich stark aus. All dem folgte bald das Erscheinen jener leicht erregbaren Schamaninnen, die beteuerten, mit den Geistern der Verstorbenen kommunizieren zu können. 90:2.5 (988.1) The medicine men put great trust in signs and omens, such as, “When you hear the sound of a rustling in the tops of the mulberry trees, then shall you bestir yourself.” Very early in the history of the race the shamans turned their attention to the stars. Primitive astrology was a world-wide belief and practice; dream interpreting also became widespread. All this was soon followed by the appearance of those temperamental shamanesses who professed to be able to communicate with the spirits of the dead.
90:2.6 (988.2) Obwohl ihr Ursprung weit zurückliegt, haben sich die Regenmacher oder Wetterschamanen durch alle Zeitalter hindurch bis heute gehalten. Eine schlimme Dürre bedeutete für den frühen Ackerbauer Tod; ein von der alten Magie verfolgtes Ziel war die Herrschaft über das Wetter. Immer noch ist das Wetter unter zivilisierten Menschen gängiges Gesprächsthema. Die alten Völker glaubten alle an die Macht des Schamanen als eines Regenmachers, aber man pflegte ihn zu töten, wenn er scheiterte, es sei denn, er war in der Lage, für seinen Misserfolg eine glaubhafte Entschuldigung vorzubringen. 90:2.6 (988.2) Though of ancient origin, the rain makers, or weather shamans, have persisted right on down through the ages. A severe drought meant death to the early agriculturists; weather control was the object of much ancient magic. Civilized man still makes the weather the common topic of conversation. The olden peoples all believed in the power of the shaman as a rain maker, but it was customary to kill him when he failed, unless he could offer a plausible excuse to account for the failure.
90:2.7 (988.3) Immer wieder verbannten die Cäsaren die Astrologen, aber sie kehrten stets wieder zurück, weil das Volk an ihre Kräfte glaubte. Sie konnten nicht hinausgeschafft werden, und selbst noch im sechzehnten Jahrhundert nach Christus waren die kirchlichen und weltlichen Fürsten des Abendlandes die Schirmherren der Astrologie. Tausende vermeintlich intelligenter Menschen glauben immer noch, dass man unter der Herrschaft eines glücklichen oder unglücklichen Sterns geboren werden kann und dass das Nebeneinander der Himmelskörper den Eintritt verschiedener irdischer Ereignisse bestimmt. Immer noch sind die Leichtgläubigen die Schirmherren der Wahrsager. 90:2.7 (988.3) Again and again did the Caesars banish the astrologers, but they invariably returned because of the popular belief in their powers. They could not be driven out, and even in the sixteenth century after Christ the directors of Occidental church and state were the patrons of astrology. Thousands of supposedly intelligent people still believe that one may be born under the domination of a lucky or an unlucky star; that the juxtaposition of the heavenly bodies determines the outcome of various terrestrial adventures. Fortunetellers are still patronized by the credulous.
90:2.8 (988.4) Die Griechen glaubten an die Wirksamkeit der Orakelsprüche, die Chinesen benutzten die Magie als Schutz vor Dämonen, der Schamanismus blühte in Indien und wird in Zentralasien immer noch in aller Offenheit ausgeübt. Seine Praxis ist in den meisten Teilen der Welt erst kürzlich aufgegeben worden. 90:2.8 (988.4) The Greeks believed in the efficacy of oracular advice, the Chinese used magic as protection against demons, shamanism flourished in India, and it still openly persists in central Asia. It is an only recently abandoned practice throughout much of the world.
90:2.9 (988.5) Von Zeit zu Zeit erhoben sich wahre Propheten und Lehrer, um den Schamanismus anzuklagen und bloßzustellen. Sogar die sterbenden roten Menschen hatten im letzten Jahrhundert einen solchen Propheten, den Shawnee Tenskwatawa, der die Sonnenfinsternis von 1808 voraussagte und die Laster des weißen Mannes anprangerte. Viele wahre Lehrer sind im Verlauf der langen Zeitalter evolutionärer Geschichte unter den verschiedenen Stämmen und Rassen erschienen. Und sie werden sich auch in Zukunft immer wieder erheben, um die Schamanen und Priester irgendeines Zeitalters herauszufordern, die der allgemeinen Erziehung entgegenarbeiten und den wissenschaftlichen Fortschritt zu vereiteln versuchen. 90:2.9 (988.5) Ever and anon, true prophets and teachers arose to denounce and expose shamanism. Even the vanishing red man had such a prophet within the past hundred years, the Shawnee Tenskwatawa, who predicted the eclipse of the sun in 1806 and denounced the vices of the white man. Many true teachers have appeared among the various tribes and races all through the long ages of evolutionary history. And they will ever continue to appear to challenge the shamans or priests of any age who oppose general education and attempt to thwart scientific progress.
90:2.10 (988.6) Auf manche Weise und durch abwegige Methoden bauten die einstigen Schamanen ihren Ruf als Stimmen Gottes und Hüter der Vorsehung auf. Sie besprengten die Neugeborenen mit Wasser, sie verliehen ihnen Namen und beschnitten die männlichen unter ihnen. Sie leiteten alle Begräbniszeremonien und gaben in aller Form die wohlbehaltene Ankunft der Verstorbenen im Lande der Geister bekannt. 90:2.10 (988.6) In many ways and by devious methods the olden shamans established their reputations as voices of God and custodians of providence. They sprinkled the newborn with water and conferred names upon them; they circumcised the males. They presided over all burial ceremonies and made due announcement of the safe arrival of the dead in spiritland.
90:2.11 (988.7) Die schamanischen Priester und Medizinmänner wurden oft sehr reich durch ihre verschiedenen sich ansammelnden Honorare, die angeblich Opfergaben an die Geister waren. Nicht selten nahm ein Schamane nach und nach praktisch den ganzen materiellen Reichtum seines Stammes an sich. Nach dem Tod eines reichen Mannes war es üblich, seinen Besitz zu gleichen Teilen unter dem Schamanen und irgendeinem öffentlichen oder wohltätigen Werk aufzuteilen. Dieser Brauch herrscht immer noch in einigen Teilen Tibets, wo die Hälfte der männlichen Bevölkerung zu dieser unproduktiven Klasse gehört. 90:2.11 (988.7) The shamanic priests and medicine men often became very wealthy through the accretion of their various fees which were ostensibly offerings to the spirits. Not infrequently a shaman would accumulate practically all the material wealth of his tribe. Upon the death of a wealthy man it was customary to divide his property equally with the shaman and some public enterprise or charity. This practice still obtains in some parts of Tibet, where one half the male population belongs to this class of nonproducers.
90:2.12 (989.1) Die Schamanen kleideten sich gut und hatten gewöhnlich eine ganze Anzahl Frauen; sie waren die ursprüngliche Aristokratie, die von allen Stammesbeschränkungen befreit war. Sehr oft hatten sie sehr niedrige Gesinnung und Sitten. Sie schalteten ihre Rivalen aus, indem sie sie als Hexer und Zauberer bezeichneten, und stiegen sehr häufig zu derart einflussreichen und mächtigen Stellungen auf, dass sie Häuptlinge oder Könige zu beherrschen vermochten. 90:2.12 (989.1) The shamans dressed well and usually had a number of wives; they were the original aristocracy, being exempt from all tribal restrictions. They were very often of low-grade mind and morals. They suppressed their rivals by denominating them witches or sorcerers and very frequently rose to such positions of influence and power that they were able to dominate the chiefs or kings.
90:2.13 (989.2) Die primitiven Menschen betrachteten den Schamanen als notwendiges Übel; sie fürchteten sich vor ihm, aber sie liebten ihn nicht. Die frühen Menschen achteten das Wissen hoch; sie verehrten und belohnten die Weisheit. Die Schamanen waren zwar meist Schwindler, aber die dem Schamanismus entgegengebrachte Verehrung zeigt gut, wie hoch man in der Entwicklung der Rasse die Weisheit bewertete. 90:2.13 (989.2) Primitive man regarded the shaman as a necessary evil; he feared him but did not love him. Early man respected knowledge; he honored and rewarded wisdom. The shaman was mostly fraud, but the veneration for shamanism well illustrates the premium put upon wisdom in the evolution of the race.
3. Die schamanische Theorie von Krankheit und Tod ^top 3. The Shamanic Theory of Disease and Death ^top
90:3.1 (989.3) Da der ehemalige Mensch glaubte, er und seine materielle Umgebung reagierten direkt auf die Launen der Phantome und die Grillen der Geister, ist es nicht verwunderlich, dass sich seine Religion so ausschließlich mit materiellen Angelegenheiten befasste. Der moderne Mensch geht seine materiellen Probleme direkt an; er erkennt, dass die Materie auf intelligente Handhabung durch den Verstand reagiert. Der primitive Mensch wünschte ebenso sehr, das Leben und die Energien der physischen Bereiche zu verändern und sogar zu beherrschen; und da sein beschränktes Verständnis vom Kosmos ihn glauben machte, dass Phantome, Geister und Götter sich unmittelbar und in allen Einzelheiten mit der Kontrolle des Lebens und der Materie befassten, richtete er sein Bemühen folgerichtig darauf, die Gunst und Unterstützung dieser übermenschlichen Wirkkräfte zu gewinnen. 90:3.1 (989.3) Since ancient man regarded himself and his material environment as being directly responsive to the whims of the ghosts and the fancies of the spirits, it is not strange that his religion should have been so exclusively concerned with material affairs. Modern man attacks his material problems directly; he recognizes that matter is responsive to the intelligent manipulation of mind. Primitive man likewise desired to modify and even to control the life and energies of the physical domains; and since his limited comprehension of the cosmos led him to the belief that ghosts, spirits, and gods were personally and immediately concerned with the detailed control of life and matter, he logically directed his efforts to winning the favor and support of these superhuman agencies.
90:3.2 (989.4) In diesem Lichte gesehen, wird viel Unverständliches und Irrationales der alten Kulte verständlich. Die Zeremonien des Kults waren der Versuch des primitiven Menschen, die materielle Welt, in der er sich befand, zu kontrollieren. Und viele seiner Anstrengungen verfolgten das Ziel, das Leben zu verlängern und sich Gesundheit zu sichern. Da alle Krankheiten und selbst der Tod ursprünglich als durch Geister ausgelöste Phänomene angesehen wurden, war es unvermeidlich, dass die Schamanen, die die Funktion von Medizinmännern und Priestern wahrnahmen, auch als Ärzte und Chirurgen arbeiteten. 90:3.2 (989.4) Viewed in this light, much of the inexplicable and irrational in the ancient cults is understandable. The ceremonies of the cult were primitive man’s attempt to control the material world in which he found himself. And many of his efforts were directed to the end of prolonging life and insuring health. Since all diseases and death itself were originally regarded as spirit phenomena, it was inevitable that the shamans, while functioning as medicine men and priests, should also have labored as doctors and surgeons.
90:3.3 (989.5) Der primitive Verstand mag durch mangelnde Tatsachenkenntnis benachteiligt sein, aber er ist trotz allem logisch. Wenn denkende Menschen Krankheit und Tod beobachten, dann gehen sie daran, die Ursachen dieser Heimsuchungen herauszufinden, und im Lichte ihres Verständnisses haben Schamanen und Wissenschaftler darüber folgende Theorien vorgeschlagen : 90:3.3 (989.5) The primitive mind may be handicapped by lack of facts, but it is for all that logical. When thoughtful men observe disease and death, they set about to determine the causes of these visitations, and in accordance with their understanding, the shamans and the scientists have propounded the following theories of affliction:
90:3.4 (989.6) 1. Phantome — direkter Einfluss von Geistern. Nach der frühesten Hypothese, die zur Erklärung von Krankheit und Tod aufgestellt wurde, verursachten die Geister Krankheit dadurch, dass sie die Seele aus dem Körper lockten; wenn es ihr nicht gelang zurückzukehren, trat der Tod ein. Die Alten fürchteten sich dermaßen vor dem bösartigen Tun von Krankheit bringenden Geistern, dass Leidende oft sogar ohne Nahrung und Wasser sich selbst überlassen wurden. Trotz der irrigen Grundlage, auf der solcher Glaube beruhte, isolierte er Leidende auf wirksame Weise und verhinderte die Ausbreitung ansteckender Krankheiten. 90:3.4 (989.6) 1. Ghosts—direct spirit influences. The earliest hypothesis advanced in explanation of disease and death was that spirits caused disease by enticing the soul out of the body; if it failed to return, death ensued. The ancients so feared the malevolent action of disease-producing ghosts that ailing individuals would often be deserted without even food or water. Regardless of the erroneous basis for these beliefs, they did effectively isolate afflicted individuals and prevent the spread of contagious disease.
90:3.5 (989.7) 2. Gewalt — offensichtliche Ursachen. Die Ursachen gewisser Unfälle und Tode waren so leicht auszumachen, dass sie schon früh aus der Kategorie der Geisteraktion entfernt wurden. Tod und Verwundungen im Krieg, Kampf gegen Tiere und andere ohne weiteres erkennbare Wirkkräfte wurden als natürliche Geschehnisse betrachtet. Aber man glaubte noch lange, dass die Geister für zögernde Heilungen oder für Wundinfektionen, auch wenn diese „natürliche“ Ursachen hatten, verantwortlich waren. Wenn man keine beobachtbare natürliche Kraft entdecken konnte, machte man immer noch die Geisterphantome für Krankheit und Tod verantwortlich. 90:3.5 (989.7) 2. Violence—obvious causes. The causes for some accidents and deaths were so easy to identify that they were early removed from the category of ghost action. Fatalities and wounds attendant upon war, animal combat, and other readily identifiable agencies were considered as natural occurrences. But it was long believed that the spirits were still responsible for delayed healing or for the infection of wounds of even “natural” causation. If no observable natural agent could be discovered, the spirit ghosts were still held responsible for disease and death.
90:3.6 (990.1) Heute kann man in Afrika und anderswo noch primitive Völker finden, die jedes Mal, wenn ein nicht gewaltsamer Tod eintritt, jemanden umbringen. Ihre Medizinmänner bezeichnen jeweils die schuldigen Teile. Wenn eine Mutter bei der Geburt stirbt, wird das Kind unmittelbar erwürgt — Leben für Leben. 90:3.6 (990.1) Today, in Africa and elsewhere may be found primitive peoples who kill someone every time a nonviolent death occurs. Their medicine men indicate the guilty parties. If a mother dies in childbirth, the child is immediately strangled—a life for a life.
90:3.7 (990.2) 3. Magie — der Einfluss von Feinden. Die Ursache vieler Krankheiten sah man in Behexung, in der Kraft des bösen Blicks oder des magisch auf jemanden gerichteten Bogens. Zu einer bestimmten Zeit war es wirklich gefährlich, mit dem Finger auf jemanden zu zeigen; das zu tun, gilt noch heute als ungezogen. Bei undurchsichtigen Krankheits- und Todesfällen stellten die Alten eine förmliche Untersuchung an, sezierten den Leichnam und entschieden sich nach irgendeinem Befund für die Todesursache; waren sie dazu nicht fähig, wurde der Tod auf Hexerei zurückgeführt, was die Hinrichtung der verantwortlichen Hexe erforderlich machte. Diese Untersuchungen zur Feststellung der Todesursache retteten manch einer vermutlichen Hexe das Leben. Einige Stämme glaubten, jemand könne durch eigene Hexerei umkommen; in einem solchen Falle wurde niemand angeklagt. 90:3.7 (990.2) 3. Magic—the influence of enemies. Much sickness was thought to be caused by bewitchment, the action of the evil eye and the magic pointing bow. At one time it was really dangerous to point a finger at anyone; it is still regarded as ill-mannered to point. In cases of obscure disease and death the ancients would hold a formal inquest, dissect the body, and settle upon some finding as the cause of death; otherwise the death would be laid to witchcraft, thus necessitating the execution of the witch responsible therefor. These ancient coroner’s inquests saved many a supposed witch’s life. Among some it was believed that a tribesman could die as a result of his own witchcraft, in which event no one was accused.
90:3.8 (990.3) 4. Sünde — Bestrafung für Tabuverletzung. In vergleichsweise junger Zeit glaubte man, dass Krankheit eine Bestrafung für Sünde sei, für persönlich begangene oder Rassensünde. Bei Völkern, die dieses Evolutionsstadium durchlaufen, lautet die vorherrschende Theorie, dass man nicht leiden kann, solange man kein Tabu verletzt hat. Krankheit und Leiden als „die Pfeile des Allmächtigen in seinem Inneren“ zu betrachten, ist für solche Anschauungen typisch. Chinesen und Mesopotamier sahen in der Krankheit lange Zeit das Resultat des Wirkens böser Dämonen, obwohl die Chaldäer auch die Sterne als Verursacher von Leiden ansahen. Diese Theorie von der Krankheit als Folge göttlichen Zorns ist bei vielen angeblich zivilisierten Gruppen von Urantianern noch sehr verbreitet. 90:3.8 (990.3) 4. Sin—punishment for taboo violation. In comparatively recent times it has been believed that sickness is a punishment for sin, personal or racial. Among peoples traversing this level of evolution the prevailing theory is that one cannot be afflicted unless one has violated a taboo. To regard sickness and suffering as “arrows of the Almighty within them” is typical of such beliefs. The Chinese and Mesopotamians long regarded disease as the result of the action of evil demons, although the Chaldeans also looked upon the stars as the cause of suffering. This theory of disease as a consequence of divine wrath is still prevalent among many reputedly civilized groups of Urantians.
90:3.9 (990.4) 5. Natürliche Verursachung. Nur sehr langsam hat die Menschheit die materiellen Geheimnisse der Beziehung zwischen Ursache und Wirkung in den physischen Bereichen von Energie, Materie und Leben erkannt. Die alten Griechen, die die überlieferten Lehren Adamsons bewahrt hatten, waren unter den ersten, die erkannten, dass alle Krankheit ein Resultat natürlicher Ursachen ist. Langsam aber sicher zerstört die sich entfaltende wissenschaftliche Ära die Jahrtausende alten Theorien des Menschen über Krankheit und Tod. Das Fieber war eine der ersten menschlichen Unpässlichkeiten, die aus der Kategorie der übernatürlichen Störungen entfernt wurden, und allmählich hat die wissenschaftliche Ära die Ketten der Unwissenheit zerrissen, die den menschlichen Verstand so lange gefangen hielten. Das Verständnis von Alterungsprozess und Ansteckung bringt allmählich die Furcht des Menschen vor Phantomen, Geistern und Göttern als den persönlichen Urhebern menschlichen Elends und Leidens zum Verschwinden. 90:3.9 (990.4) 5. Natural causation. Mankind has been very slow to learn the material secrets of the interrelationship of cause and effect in the physical domains of energy, matter, and life. The ancient Greeks, having preserved the traditions of Adamson’s teachings, were among the first to recognize that all disease is the result of natural causes. Slowly and certainly the unfolding of a scientific era is destroying man’s age-old theories of sickness and death. Fever was one of the first human ailments to be removed from the category of supernatural disorders, and progressively the era of science has broken the fetters of ignorance which so long imprisoned the human mind. An understanding of old age and contagion is gradually obliterating man’s fear of ghosts, spirits, and gods as the personal perpetrators of human misery and mortal suffering.
90:3.10 (990.5) Die Evolution gelangt unfehlbar an ihr Ziel: Sie durchdringt den Menschen mit jener abergläubischen Furcht vor dem Unbekannten und mit jenem Grauen vor dem Unsichtbaren, die das Gerüst für das Gotteskonzept sind. Und wenn sie — dank dem koordinierten Wirken der Offenbarung — die Geburt eines fortgeschrittenen Gottheitsverständnisses feststellt, dann setzt dieselbe Evolutionstechnik unfehlbar jene Gedankenkräfte in Bewegung, die das Gerüst, das seinen Zweck erfüllt hat, unerbittlich vernichten werden. 90:3.10 (990.5) Evolution unerringly achieves its end: It imbues man with that superstitious fear of the unknown and dread of the unseen which is the scaffolding for the God concept. And having witnessed the birth of an advanced comprehension of Deity, through the co-ordinate action of revelation, this same technique of evolution then unerringly sets in motion those forces of thought which will inexorably obliterate the scaffolding, which has served its purpose.
4. Medizin unter den Schamanen ^top 4. Medicine Under the Shamans ^top
90:4.1 (990.6) Das ganze Leben der alten Menschen war prophylaktisch; ihre Religion war in nicht geringem Maße eine Technik zur Krankheitsverhütung. Und ungeachtet der Irrtümer ihrer Theorien wandten sie diese aus voller Überzeugung an; sie hatten grenzenloses Vertrauen in ihre Behandlungsmethoden, und das ist an sich ein mächtig wirkendes Heilmittel. 90:4.1 (990.6) The entire life of ancient men was prophylactic; their religion was in no small measure a technique for disease prevention. And regardless of the error in their theories, they were wholehearted in putting them into effect; they had unbounded faith in their methods of treatment, and that, in itself, is a powerful remedy.
90:4.2 (991.1) Der Glaube, den es brauchte, um dank den unsinnigen Handlungen eines dieser alten Schamanen zu genesen, unterschied sich letztlich nicht wesentlich von dem Glauben, der erforderlich ist, um sich von einem seiner Nachfolger späterer Zeiten, der Krankheiten in nichtwissenschaftlicher Weise behandelt, heilen zu lassen. 90:4.2 (991.1) The faith required to get well under the foolish ministrations of one of these ancient shamans was, after all, not materially different from that which is required to experience healing at the hands of some of his later-day successors who engage in the nonscientific treatment of disease.
90:4.3 (991.2) Die primitiveren Stämme fürchteten sich sehr vor den Kranken, und diese wurden während langer Zeitalter peinlichst gemieden und schändlich vernachlässigt. Es bedeutete einen großen humanitären Fortschritt, als die Evolution des Schamanismus Priester und Medizinmänner hervorbrachte, die sich zur Behandlung von Krankheiten bereit fanden. Da wurde es Sitte, dass der ganze Klan sich im Krankenraum zusammendrängte, um dem Schamanen zu helfen, die Krankheit bringenden Phantome durch Geheul zu verjagen. Nicht selten war der die Diagnose stellende Schamane eine Frau, während ein Mann die Behandlung durchführte. Die übliche Methode zur Diagnostizierung von Krankheiten bestand in der Untersuchung der Eingeweide eines Tieres. 90:4.3 (991.2) The more primitive tribes greatly feared the sick, and for long ages they were carefully avoided, shamefully neglected. It was a great advance in humanitarianism when the evolution of shamancraft produced priests and medicine men who consented to treat disease. Then it became customary for the entire clan to crowd into the sickroom to assist the shaman in howling the disease ghosts away. It was not uncommon for a woman to be the diagnosing shaman, while a man would administer treatment. The usual method of diagnosing disease was to examine the entrails of an animal.
90:4.4 (991.3) Die Krankheitsbehandlung geschah durch Singsang, Heulen, Handauflegen, Anhauchen des Patienten und viele andere Techniken. Später wandte man weltweit den Tempelschlaf an, währenddessen angeblich die Heilung erfolgte. Schließlich versuchten sich die Medizinmänner in Verbindung mit dem Tempelschlummer in wirklicher Chirurgie; unter den ersten Operationen befand sich eine Schädeltrepanation, die einem Geist, der Kopfschmerzen verursachte, das Entwischen erlauben sollte. Die Schamanen lernten, Knochenbrüche und Verrenkungen zu behandeln, Furunkel und Abszesse zu öffnen; die Schamaninnen wurden erfahrene Hebammen. 90:4.4 (991.3) Disease was treated by chanting, howling, laying on of hands, breathing on the patient, and many other techniques. In later times the resort to temple sleep, during which healing supposedly took place, became widespread. The medicine men eventually essayed actual surgery in connection with temple slumber; among the first operations was that of trephining the skull to allow a headache spirit to escape. The shamans learned to treat fractures and dislocations, to open boils and abscesses; the shamanesses became adept at midwifery.
90:4.5 (991.4) Eine übliche Behandlungsmethode bestand darin, eine infizierte oder geschädigte Körperstelle mit einem magischen Gegenstand zu reiben, diesen dann wegzuwerfen und dadurch angeblich geheilt zu werden. Wenn jemand zufälligerweise das weggeworfene Zauberding aufhob, zog er sich nach der herrschenden Vorstellung augenblicklich dieselbe Infektion oder Schädigung zu. Es dauerte lange, bis Heilpflanzen und andere wirkliche Heilmittel eingeführt wurden. Massage entwickelte sich in Verbindung mit Geisterbeschwörung, Ausreiben des Geistes aus dem Körper; ihr waren Anstrengungen vorausgegangen, Heilmittel einzureiben, gerade wie moderne Menschen Einreibemittel handhaben. Schröpfen und Saugen der erkrankten Körperstellen hielt man zusammen mit dem Aderlass für wertvolle Mittel, um einen Krankheit stiftenden Geist loszuwerden. 90:4.5 (991.4) It was a common method of treatment to rub something magical on an infected or blemished spot on the body, throw the charm away, and supposedly experience a cure. If anyone should chance to pick up the discarded charm, it was believed he would immediately acquire the infection or blemish. It was a long time before herbs and other real medicines were introduced. Massage was developed in connection with incantation, rubbing the spirit out of the body, and was preceded by efforts to rub medicine in, even as moderns attempt to rub liniments in. Cupping and sucking the affected parts, together with bloodletting, were thought to be of value in getting rid of a disease-producing spirit.
90:4.6 (991.5) Da Wasser ein mächtiger Fetisch war, verwendete man es zur Behandlung vieler Leiden. Lange glaubte man, dass der die Krankheit verursachende Geist durch Schwitzen beseitigt werden könne. Dampfbäder genossen hohes Ansehen; bald blühten um natürliche heiße Quellen herum primitive Kurorte auf. Die frühen Menschen entdeckten, dass Wärme schmerzlindernd wirkte; sie benutzten Sonnenlicht, frische Tierorgane, heißen Lehm und heiße Steine, und viele dieser Methoden werden noch heute angewendet. Man pflegte den Rhythmus, um auf die Geister einzuwirken; die Tamtams waren über die ganze Erde verbreitet. 90:4.6 (991.5) Since water was a potent fetish, it was utilized in the treatment of many ailments. For long it was believed that the spirit causing the sickness could be eliminated by sweating. Vapor baths were highly regarded; natural hot springs soon blossomed as primitive health resorts. Early man discovered that heat would relieve pain; he used sunlight, fresh animal organs, hot clay, and hot stones, and many of these methods are still employed. Rhythm was practiced in an effort to influence the spirits; the tom-toms were universal.
90:4.7 (991.6) Einige Völker nahmen an, dass Krankheit aus einer bösartigen Verschwörung von Geistern mit Tieren hervorging. Das ließ den Glauben entstehen, dass für jede von Tieren verursachte Krankheit ein wohltuendes pflanzliches Heilmittel existierte. Insbesondere die roten Menschen vertraten die Theorie, dass Pflanzen universale Heilmittel seien; sie ließen immer einen Blutstropfen in das Wurzelloch fallen, wenn sie eine Pflanze ausgerissen hatten. 90:4.7 (991.6) Among some people disease was thought to be caused by a wicked conspiracy between spirits and animals. This gave rise to the belief that there existed a beneficent plant remedy for every animal-caused disease. The red men were especially devoted to the plant theory of universal remedies; they always put a drop of blood in the root hole left when the plant was pulled up.
90:4.8 (991.7) Fasten, Diät und Gegenreizmittel wurden oft als Heilmaßnahmen gebraucht. Die als ausgesprochen magisch geltenden menschlichen Sekretionen waren hochgeschätzt; so waren Blut und Urin unter den ersten Heilmitteln, und sie wurden bald durch Wurzeln und verschiedene Salze verstärkt. Die Schamanen glaubten, dass die Krankheitsgeister durch übel riechende und schlechtschmeckende Medizin aus dem Körper vertrieben werden konnten. Purgieren wurde sehr früh zu einer Routinebehandlung, und eine der allerfrühesten pharmazeutischen Entdeckungen war der Wert des rohen Kakaos und Chinins. 90:4.8 (991.7) Fasting, dieting, and counterirritants were often used as remedial measures. Human secretions, being definitely magical, were highly regarded; blood and urine were thus among the earliest medicines and were soon augmented by roots and various salts. The shamans believed that disease spirits could be driven out of the body by foul-smelling and bad-tasting medicines. Purging very early became a routine treatment, and the values of raw cocoa and quinine were among the earliest pharmaceutical discoveries.
90:4.9 (992.1) Die Griechen entwickelten als erste wirklich rationale Methoden der Krankenbehandlung. Griechen wie Ägypter hatten ihr medizinisches Wissen aus dem Euphrattal empfangen. Öl und Wein waren sehr frühe Heilmittel zur Wundbehandlung; Rizinusöl und Opium waren bei den Sumerern in Gebrauch. Viele dieser alten und wirksamen geheimen Heilmittel verloren ihre Kraft, als sie bekannt wurden; Geheimhaltung ist immer wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Praxis von Betrug und Aberglauben gewesen. Nur Tatsachen und Wahrheit streben nach dem vollen Licht des Verständnisses und freuen sich, wenn wissenschaftliche Forschung sie durchleuchtet und erhellt. 90:4.9 (992.1) The Greeks were the first to evolve truly rational methods of treating the sick. Both the Greeks and the Egyptians received their medical knowledge from the Euphrates valley. Oil and wine was a very early medicine for treating wounds; castor oil and opium were used by the Sumerians. Many of these ancient and effective secret remedies lost their power when they became known; secrecy has always been essential to the successful practice of fraud and superstition. Only facts and truth court the full light of comprehension and rejoice in the illumination and enlightenment of scientific research.
5. Priester und Rituale ^top 5. Priests and Rituals ^top
90:5.1 (992.2) Das Wesentliche des Rituals ist die Vollkommenheit seiner Ausführung; unter Wilden muss es mit peinlichster Genauigkeit eingehalten werden. Nur wenn das Ritual richtig durchgeführt worden ist, besitzt die Zeremonie zwingende Macht über die Geister. Wenn es fehlerhaft ist, erregt es nur den Ärger und Groll der Götter. Da der sich langsam entwickelnde Verstand des Menschen der Anschauung war, dass die Technik des Rituals der entscheidende Faktor seiner Wirksamkeit sei, war es unvermeidlich, dass die frühen Schamanen sich früher oder später zu einer Priesterschaft entwickelten, die in der Leitung des peinlich genau beobachteten Rituals geschult war. Und so haben während Zehntausenden von Jahren endlose Rituale die Gesellschaft behindert und sich wie ein Fluch auf die Zivilisation gelegt, haben als unerträgliche Bürde auf jedem Lebensakt, jedem Unternehmen der Rasse gelastet. 90:5.1 (992.2) The essence of the ritual is the perfection of its performance; among savages it must be practiced with exact precision. It is only when the ritual has been correctly carried out that the ceremony possesses compelling power over the spirits. If the ritual is faulty, it only arouses the anger and resentment of the gods. Therefore, since man’s slowly evolving mind conceived that the technique of ritual was the decisive factor in its efficacy, it was inevitable that the early shamans should sooner or later evolve into a priesthood trained to direct the meticulous practice of the ritual. And so for tens of thousands of years endless rituals have hampered society and cursed civilization, have been an intolerable burden to every act of life, every racial undertaking.
90:5.2 (992.3) Das Ritual ist die Technik, durch welche ein Brauch geheiligt wird; das Ritual schafft Mythen und verewigt sie, und es trägt zur Bewahrung gesellschaftlichen und religiösen Brauchtums bei. Und das Ritual ist seinerseits aus Mythen hervorgegangen. Rituale sind oft zuerst gesellschaftlich, werden später wirtschaftlich und erlangen endlich die Heiligkeit und Würde religiösen Zeremoniells. Die Ausübung des Rituals kann persönlich oder kollektiv — oder beides in einem — sein, wie Gebet, Tanz und Drama veranschaulichen. 90:5.2 (992.3) Ritual is the technique of sanctifying custom; ritual creates and perpetuates myths as well as contributing to the preservation of social and religious customs. Again, ritual itself has been fathered by myths. Rituals are often at first social, later becoming economic and finally acquiring the sanctity and dignity of religious ceremonial. Ritual may be personal or group in practice—or both—as illustrated by prayer, dancing, and drama.
90:5.3 (992.4) Wörter wurden zu Bestandteilen des Rituals; Beispiele dafür sind der Gebrauch von Ausdrücken wie Amen und Sela. Die Gewohnheit des Fluchens, des Gebrauchs gotteslästerlicher Kraftausdrücke ist eine Herabwürdigung einer früheren rituellen Wiederholung heiliger Namen. Pilgerfahrten zu Heiligtümern ist ein sehr altes Ritual. Die Rituale wuchsen sich später zu umständlichen Zeremonien der Reinigung, Läuterung und Heiligung aus. Die Einweihungszeremonien der Geheimgesellschaften primitiver Stämme waren in Wirklichkeit ein roher religiöser Ritus. Die Andachtstechnik der alten Mysterienkulte war nichts weiter als eine lange Abfolge angehäufter religiöser Rituale. Das Ritual entwickelte sich schließlich zu den modernen Ausprägungen gesellschaftlichen Zeremoniells und religiöser Anbetung weiter, in Gottesdienste mit Gebet, Gesang, wechselseitigen Lesungen und anderen individuellen oder kollektiven geistigen Andachtsübungen. 90:5.3 (992.4) Words become a part of ritual, such as the use of terms like amen and selah. The habit of swearing, profanity, represents a prostitution of former ritualistic repetition of holy names. The making of pilgrimages to sacred shrines is a very ancient ritual. The ritual next grew into elaborate ceremonies of purification, cleansing, and sanctification. The initiation ceremonies of the primitive tribal secret societies were in reality a crude religious rite. The worship technique of the olden mystery cults was just one long performance of accumulated religious ritual. Ritual finally developed into the modern types of social ceremonials and religious worship, services embracing prayer, song, responsive reading, and other individual and group spiritual devotions.
90:5.4 (992.5) Die Priester entwickelten sich aus den Schamanen über Weissager, Wahrsager, Sänger, Tänzer, Wettermacher, Hüter religiöser Reliquien, Tempelwächter und Künder kommender Ereignisse bis zum Rang von richtigen Leitern der religiösen Verehrung. Schließlich wurde das Priesteramt erblich; eine dauernde Priesterkaste entstand. 90:5.4 (992.5) The priests evolved from shamans up through oracles, diviners, singers, dancers, weathermakers, guardians of religious relics, temple custodians, and foretellers of events, to the status of actual directors of religious worship. Eventually the office became hereditary; a continuous priestly caste arose.
90:5.5 (992.6) Als sich die Religion entwickelte, begannen die Priester, sich gemäß ihren angeborenen Talenten oder besonderen Vorlieben zu spezialisieren. Die einen wurden Sänger, die anderen Beter und noch andere Opferer; später gesellten sich die Redner — die Prediger — zu ihnen. Und als die Religion zu einer Institution wurde, erhoben die Priester den Anspruch, „die Schlüssel zum Himmel zu besitzen“. 90:5.5 (992.6) As religion evolved, priests began to specialize according to their innate talents or special predilections. Some became singers, others prayers, and still others sacrificers; later came the orators—preachers. And when religion became institutionalized, these priests claimed to “hold the keys of heaven.”
90:5.6 (992.7) Die Priester versuchten das einfache Volk immer dadurch zu beeindrucken und mit heiliger Scheu zu erfüllen, dass sie das religiöse Ritual in einer alten Sprache und mit allerlei magischen Kunstgriffen zelebrierten, womit sie die Gläubigen hinters Licht führten und ihren eigenen Ruf der Frömmigkeit und ihre Autorität verstärkten. Die große Gefahr bei alledem ist, dass das Ritual die Tendenz hat, zu einem Ersatz für die Religion zu werden. 90:5.6 (992.7) The priests have always sought to impress and awe the common people by conducting the religious ritual in an ancient tongue and by sundry magical passes so to mystify the worshipers as to enhance their own piety and authority. The great danger in all this is that the ritual tends to become a substitute for religion.
90:5.7 (993.1) Die Priesterschaften haben viel getan, um die wissenschaftliche Entwicklung zu verzögern und den geistigen Fortschritt zu behindern, aber sie haben zur Stabilisierung der Zivilisation und zur Bereicherung gewisser Aspekte der Kultur beigetragen. Aber viele moderne Priester haben aufgehört, als Lenker des Rituals der Gottesverehrung zu fungieren, und ihre Aufmerksamkeit der Theologie zugewandt — dem Versuch, Gott zu definieren. 90:5.7 (993.1) The priesthoods have done much to delay scientific development and to hinder spiritual progress, but they have contributed to the stabilization of civilization and to the enhancement of certain kinds of culture. But many modern priests have ceased to function as directors of the ritual of the worship of God, having turned their attention to theology—the attempt to define God.
90:5.8 (993.2) Es kann nicht bestritten werden, dass die Priester ein Mühlstein am Nacken der Rassen gewesen sind, aber die wahren religiösen Führer hatten einen unschätzbaren Wert, weil sie den Weg zu höheren und besseren Realitäten wiesen. 90:5.8 (993.2) It is not denied that the priests have been a millstone about the neck of the races, but the true religious leaders have been invaluable in pointing the way to higher and better realities.
90:5.9 (993.3) [Dargeboten von einem Melchisedek von Nebadon.] 90:5.9 (993.3) [Presented by a Melchizedek of Nebadon.]