Schrift 133 Paper 133
Die Rückkehr von Rom The Return from Rome
133:0.1 (1468.1) BEIM Verlassen Roms nahm Jesus von keinem seiner Freunde Abschied. Der Schreiber aus Damaskus erschien in Rom unangemeldet und ebenso verschwand er wieder. Ein volles Jahr verstrich, bis alle, die ihn kannten und liebten, die Hoffnung aufgaben, ihn wieder zu sehen. Vor Ablauf des zweiten Jahres verspürten kleine Gruppen derer, die ihn gekannt hatten, das Bedürfnis, einander zu treffen aufgrund ihres gemeinsamen Interesses an seinen Lehren und in Erinnerung an die guten mit ihm verbrachten Stunden. Und diese kleinen Gruppen von Stoikern, Kynikern und Anhängern der Mysterienkulte trafen sich weiterhin bei unregelmäßigen und zwanglosen Zusammenkünften, bis zu der Zeit, da die ersten Prediger der christlichen Religion in Rom erschienen. 133:0.1 (1468.1) WHEN preparing to leave Rome, Jesus said good-bye to none of his friends. The scribe of Damascus appeared in Rome without announcement and disappeared in like manner. It was a full year before those who knew and loved him gave up hope of seeing him again. Before the end of the second year small groups of those who had known him found themselves drawn together by their common interest in his teachings and through mutual memory of their good times with him. And these small groups of Stoics, Cynics, and mystery cultists continued to hold these irregular and informal meetings right up to the time of the appearance in Rome of the first preachers of the Christian religion.
133:0.2 (1468.2) Gonod und Ganid hatten in Alexandria und Rom so viele Dinge eingekauft, dass sie all ihre Habe mit einer Tragtierkolonne nach Tarent vorausschickten, während die drei Reisenden auf der großen Via Appia gemütlich Italien durchquerten. Auf dieser Reise begegneten sie allen Arten menschlicher Wesen. Viele vornehme römische Bürger und griechische Siedler lebten entlang dieser Straße, aber es erschienen auch schon die Nachkommen einer großen Zahl tieferstehender Sklaven. 133:0.2 (1468.2) Gonod and Ganid had purchased so many things in Alexandria and Rome that they sent all their belongings on ahead by pack train to Tarentum, while the three travelers walked leisurely across Italy over the great Appian Way. On this journey they encountered all sorts of human beings. Many noble Roman citizens and Greek colonists lived along this road, but already the progeny of great numbers of inferior slaves were beginning to make their appearance.
133:0.3 (1468.3) Eines Tages während der Mittagsrast, ungefähr auf halbem Wege nach Tarent, fragte Ganid Jesus rundheraus, was er vom indischen Kastensystem halte. Jesus sprach: „Obwohl sich die menschlichen Wesen in vieler Hinsicht voneinander unterscheiden, sind vor Gott und in der geistigen Welt alle Sterblichen gleichgestellt. In den Augen Gottes gibt es nur zwei Gruppen von Sterblichen: diejenigen, die den Willen Gottes zu tun wünschen, und jene, die diesen Wunsch nicht haben. Wenn das Universum eine bewohnte Welt betrachtet, dann stellt es ebenso zwei große Klassen fest: jene, die Gott kennen, und jene, die ihn nicht kennen. Diejenigen, die Gott nicht kennen können, werden zu den Tieren irgendeiner bestimmten Welt gerechnet. Die Menschheit kann nach unterschiedlichen Kriterien auf passende Weise in viele Klassen eingeteilt werden, je nachdem, ob man sie vom physischen, mentalen, sozialen, berufsmäßigen oder sittlichen Standpunkt aus betrachtet. Aber wenn diese verschiedenen Klassen von Sterblichen vor dem Gericht Gottes erscheinen, sind sie alle gleichgestellt; Gott handelt wahrhaft ohne Ansehen der Person. Obwohl ihr nicht darum herumkommt, unterschiedliche menschliche Fähigkeiten und Begabungen auf intellektuellem, sozialem und sittlichem Gebiet festzustellen, solltet ihr in der geistigen Bruderschaft der Menschen keine derartigen Unterschiede machen, wenn ihr euch zur Anbetung in der Gegenwart Gottes versammelt.“ 133:0.3 (1468.3) One day while resting at lunch, about halfway to Tarentum, Ganid asked Jesus a direct question as to what he thought of India’s caste system. Said Jesus: “Though human beings differ in many ways, the one from another, before God and in the spiritual world all mortals stand on an equal footing. There are only two groups of mortals in the eyes of God: those who desire to do his will and those who do not. As the universe looks upon an inhabited world, it likewise discerns two great classes: those who know God and those who do not. Those who cannot know God are reckoned among the animals of any given realm. Mankind can appropriately be divided into many classes in accordance with differing qualifications, as they may be viewed physically, mentally, socially, vocationally, or morally, but as these different classes of mortals appear before the judgment bar of God, they stand on an equal footing; God is truly no respecter of persons. Although you cannot escape the recognition of differential human abilities and endowments in matters intellectual, social, and moral, you should make no such distinctions in the spiritual brotherhood of men when assembled for worship in the presence of God.”
1. Barmherzigkeit und Gerechtigkeit ^top 1. Mercy and Justice ^top
133:1.1 (1468.4) Ein sehr interessanter Vorfall ereignete sich eines Nachmittags am Straßenrand, als sie sich Tarent näherten. Sie beobachteten, wie ein grober und roher Junge sich brutal über einen kleineren Knaben hermachte. Jesus eilte dem überfallenen Jungen zu Hilfe, und als er ihn befreit hatte, hielt er den Angreifer so lange fest, bis der jüngere Knabe das Weite gesucht hatte. In dem Augenblick, als Jesus den kleinen Rohling freiließ, stürzte sich Ganid auf den Jungen und begann, ihn kräftig zu verprügeln. Aber zu Ganids Verblüffung trat Jesus rasch dazwischen. Nachdem er Ganid Einhalt geboten und dem erschreckten Knaben zu fliehen erlaubt hatte, rief der junge Mann, sobald er wieder zu Atem gekommen war, erregt aus: „Ich kann dich nicht verstehen, mein Lehrer. Wenn die Barmherzigkeit gebietet, dem kleineren Knaben zu Hilfe zu eilen, verlangt dann nicht die Gerechtigkeit die Bestrafung des größeren und übel handelnden Jungen?“ Jesus gab darauf zur Antwort: 133:1.1 (1468.4) A very interesting incident occurred one afternoon by the roadside as they neared Tarentum. They observed a rough and bullying youth brutally attacking a smaller lad. Jesus hastened to the assistance of the assaulted youth, and when he had rescued him, he tightly held on to the offender until the smaller lad had made his escape. The moment Jesus released the little bully, Ganid pounced upon the boy and began soundly to thrash him, and to Ganid’s astonishment Jesus promptly interfered. After he had restrained Ganid and permitted the frightened boy to escape, the young man, as soon as he got his breath, excitedly exclaimed: “I cannot understand you, Teacher. If mercy requires that you rescue the smaller lad, does not justice demand the punishment of the larger and offending youth?” In answering, Jesus said:
133:1.2 (1469.1) „Wahrhaftig, Ganid, du begreifst nicht. Die Ausübung der Barmherzigkeit geschieht immer durch Einzelpersonen, aber die Bestrafung gemäß der Gerechtigkeit obliegt administrativen Gruppen auf sozialer, Regierungs- oder Universumsebene. Als Einzelperson bin ich gehalten, Barmherzigkeit zu üben; ich muss dem angegriffenen Knaben zu Hilfe eilen, und folgerichtig darf ich hinreichend Gewalt anwenden, um den Angreifer abzuhalten. Gerade das habe ich getan. Ich habe den angegriffenen Knaben befreit, und damit war der Dienst der Barmherzigkeit erfüllt. Dann habe ich den Angreifer genügend lange zurückgehalten, um dem schwächeren an der Auseinandersetzung Beteiligten die Flucht zu ermöglichen, worauf ich mich aus der Angelegenheit zurückgezogen habe. Ich habe über den Angreifer nicht zu Gericht gesessen, um über seinen Beweggrund ein Urteil zu fällen, — um über alles, was in dem Angriff auf seinen Kameraden eine Rolle spielte, zu urteilen — und dann zur Vollstreckung der Strafe zu schreiten, die mir mein Verstand als gerechte Vergeltung für seine Missetat eingegeben hätte. Ganid, Barmherzigkeit kann verschwenderisch sein, aber Gerechtigkeit ist präzise. Kannst du nicht erkennen, wie unwahrscheinlich es ist, dass zwei Personen bezüglich der Strafe, die den Anforderungen der Gerechtigkeit genügt, einer Meinung sind? Die eine würde vierzig, die andere zwanzig Peitschenhiebe auferlegen, während noch eine weitere die Einzelhaft als gerechte Bestrafung anriete. Siehst du nicht, dass in dieser Welt solche Verantwortung besser in den Händen einer Gruppe ruht oder von gewählten Vertretern dieser Gruppe wahrgenommen wird? Im Universum liegt die Urteilsfällung bei jenen, die alles über die Vorgeschichte sowie die Beweggründe jeder Übeltat wissen. In einer zivilisierten Gesellschaft und in einem organisierten Universum setzt die Rechtsprechung das Fällen gerechter, auf unparteiischer Entscheidung beruhender Gerichtsurteile voraus. Mit diesen Privilegien sind der Richterstand der Welten und die allwissenden Verwalter der höheren Universen der ganzen Schöpfung ausgestattet.“ 133:1.2 (1469.1) “Ganid, it is true, you do not understand. Mercy ministry is always the work of the individual, but justice punishment is the function of the social, governmental, or universe administrative groups. As an individual I am beholden to show mercy; I must go to the rescue of the assaulted lad, and in all consistency I may employ sufficient force to restrain the aggressor. And that is just what I did. I achieved the deliverance of the assaulted lad; that was the end of mercy ministry. Then I forcibly detained the aggressor a sufficient length of time to enable the weaker party to the dispute to make his escape, after which I withdrew from the affair. I did not proceed to sit in judgment on the aggressor, thus to pass upon his motive—to adjudicate all that entered into his attack upon his fellow—and then undertake to execute the punishment which my mind might dictate as just recompense for his wrongdoing. Ganid, mercy may be lavish, but justice is precise. Cannot you discern that no two persons are likely to agree as to the punishment which would satisfy the demands of justice? One would impose forty lashes, another twenty, while still another would advise solitary confinement as a just punishment. Can you not see that on this world such responsibilities had better rest upon the group or be administered by chosen representatives of the group? In the universe, judgment is vested in those who fully know the antecedents of all wrongdoing as well as its motivation. In civilized society and in an organized universe the administration of justice presupposes the passing of just sentence consequent upon fair judgment, and such prerogatives are vested in the juridical groups of the worlds and in the all-knowing administrators of the higher universes of all creation.”
133:1.3 (1469.2) Tagelang unterhielten sie sich über dieses Problem der Ausübung der Barmherzigkeit und der Anwendung des Rechts. Und Ganid begriff wenigstens bis zu einem gewissen Grad, wieso Jesus nicht persönlich kämpfen wollte. Aber er stellte noch eine letzte Frage, auf die er nie eine gänzlich befriedigende Antwort erhielt; und diese Frage lautete: „Aber was würdest du tun, mein Lehrer, wenn ein stärkeres und bösartiges Geschöpf dich angriffe und dich zu vernichten drohte? Würdest du nichts zu deiner Verteidigung unternehmen?“ Obwohl Jesus die Frage des Jungen nicht erschöpfend und zufriedenstellend beantworten konnte, weil er ihm nicht eröffnen wollte, dass er hier auf Erden für ein ganzes zuschauendes Universum lebte, um die Liebe des Paradies-Vaters zu veranschaulichen, sagte er dennoch dieses: 133:1.3 (1469.2) For days they talked about this problem of manifesting mercy and administering justice. And Ganid, at least to some extent, understood why Jesus would not engage in personal combat. But Ganid asked one last question, to which he never received a fully satisfactory answer; and that question was: “But, Teacher, if a stronger and ill-tempered creature should attack you and threaten to destroy you, what would you do? Would you make no effort to defend yourself?” Although Jesus could not fully and satisfactorily answer the lad’s question, inasmuch as he was not willing to disclose to him that he (Jesus) was living on earth as the exemplification of the Paradise Father’s love to an onlooking universe, he did say this much:
133:1.4 (1469.3) „Ganid, ich kann gut verstehen, dass einige dieser Probleme dich ratlos machen, und ich will mich bemühen, deine Frage zu beantworten. Bei jedem gegen mich unternommenen Angriff würde ich zuallererst feststellen, ob der Angreifer ein Sohn Gottes — mein Bruder im Fleisch — ist, oder nicht. Käme ich zum Schluss, dieses Geschöpf besitze weder sittliches Urteilsvermögen noch geistige Vernunft, dann würde ich mich ohne zu zögern verteidigen unter Einsatz meiner ganzen Widerstandskraft und ohne Rücksicht auf die Folgen für den Angreifer. Aber ich würde nie in dieser Weise gegen einen Mitmenschen Gewalt anwenden, der Sohnesrang besitzt, nicht einmal zur Selbstverteidigung. Das heißt, ich würde ihn nicht im Voraus und ohne Urteilsspruch für seinen Angriff auf mich bestrafen. Ich würde mit allen möglichen Kunstgriffen versuchen, ihn zu hindern und von einem solchen Angriff abzubringen oder diesen abzuschwächen, sollte es mir misslingen, ihn abzuwenden. Ganid, ich habe ein absolutes Vertrauen in die unbedingte Fürsorge meines himmlischen Vaters; ich tue mit ganzer Hingabe den Willen meines Vaters im Himmel. Ich glaube nicht, dass mir je wirkliches Unglück zustoßen könnte; ich glaube nicht, dass mein Lebenswerk durch irgendetwas, das mir meine Feinde antun möchten, wirklich in Frage gestellt werden könnte, und ganz bestimmt haben wir vonseiten unserer Freunde keine Gewalt zu befürchten. Ich bin absolut sicher, dass das ganze Universum mir freundlich gesinnt ist — in vollkommenem Vertrauen bleibe ich beharrlich in dem Glauben an diese allmächtige Wahrheit trotz allem, was dagegen zu sprechen scheint.“ 133:1.4 (1469.3) “Ganid, I can well understand how some of these problems perplex you, and I will endeavor to answer your question. First, in all attacks which might be made upon my person, I would determine whether or not the aggressor was a son of God—my brother in the flesh—and if I thought such a creature did not possess moral judgment and spiritual reason, I would unhesitatingly defend myself to the full capacity of my powers of resistance, regardless of consequences to the attacker. But I would not thus assault a fellow man of sonship status, even in self-defense. That is, I would not punish him in advance and without judgment for his assault upon me. I would by every possible artifice seek to prevent and dissuade him from making such an attack and to mitigate it in case of my failure to abort it. Ganid, I have absolute confidence in my heavenly Father’s overcare; I am consecrated to doing the will of my Father in heaven. I do not believe that real harm can befall me; I do not believe that my lifework can really be jeopardized by anything my enemies might wish to visit upon me, and surely we have no violence to fear from our friends. I am absolutely assured that the entire universe is friendly to me—this all-powerful truth I insist on believing with a wholehearted trust in spite of all appearances to the contrary.”
133:1.5 (1470.1) Aber Ganid war noch nicht ganz zufrieden. Oft sprachen sie über diese Dinge, und Jesus erzählte ihm einige Erlebnisse aus seinen Knabenjahren, und auch von Jakob, dem Sohn des Steinmetzen. Als Ganid hörte, wie Jakob sich selbst zum Verteidiger Jesu ernannt hatte, sagte er: „Oh! Ich beginne zu begreifen! Erst einmal würde sich wohl kaum ein normales menschliches Wesen finden, um eine so freundliche Person wie dich anzugreifen, und selbst, wenn jemand so gedankenlos wäre, es zu tun, wäre da mit großer Sicherheit jemand anders zur Stelle, um dir beizustehen, genauso wie auch du selber stets denen zu Hilfe kommst, die du in Not siehst. Mein Lehrer, in meinem Herzen stimme ich dir zu, aber in meinem Kopf denke ich immer noch, dass ich anstelle Jakobs mit Vergnügen jene groben Flegel gezüchtigt hätte, die sich anmaßten, dich anzugreifen, nur weil sie dachten, du würdest dich nicht zur Wehr setzen. Ich nehme an, dass du auf deiner Lebensreise einigermaßen in Sicherheit bist, da du einen großen Teil deiner Zeit damit zubringst, anderen zu helfen und deinen Brüdern in der Not beizustehen — sehr wahrscheinlich wird stets jemand zur Stelle sein, um dich zu verteidigen.“ Und Jesus antwortete: „Diese Prüfung ist noch nicht gekommen, Ganid, und wenn sie kommt, werden wir uns an den Willen unseres Vaters halten müssen.“ Und das war ungefähr alles, was der Junge über dieses schwierige Thema der Selbstverteidigung und Widerstandslosigkeit aus seinem Lehrer herausbrachte. Bei anderer Gelegenheit entlockte er Jesus die Äußerung, eine organisierte Gesellschaft besitze jedes Recht zur Anwendung von Gewalt in Ausführung ihrer gerechten Verordnungen. 133:1.5 (1470.1) But Ganid was not fully satisfied. Many times they talked over these matters, and Jesus told him some of his boyhood experiences and also about Jacob the stone mason’s son. On learning how Jacob appointed himself to defend Jesus, Ganid said: “Oh, I begin to see! In the first place very seldom would any normal human being want to attack such a kindly person as you, and even if anyone should be so unthinking as to do such a thing, there is pretty sure to be near at hand some other mortal who will fly to your assistance, even as you always go to the rescue of any person you observe to be in distress. In my heart, Teacher, I agree with you, but in my head I still think that if I had been Jacob, I would have enjoyed punishing those rude fellows who presumed to attack you just because they thought you would not defend yourself. I presume you are fairly safe in your journey through life since you spend much of your time helping others and ministering to your fellows in distress—well, most likely there’ll always be someone on hand to defend you.” And Jesus replied: “That test has not yet come, Ganid, and when it does, we will have to abide by the Father’s will.” And that was about all the lad could get his teacher to say on this difficult subject of self-defense and nonresistance. On another occasion he did draw from Jesus the opinion that organized society had every right to employ force in the execution of its just mandates.
2. Einschiffung in Tarent ^top 2. Embarking at Tarentum ^top
133:2.1 (1470.2) Während sie an der Schiffslandestelle verweilten und die Ausladung der Güter abwarteten, beobachteten die Reisenden einen Mann, der seine Frau misshandelte. Wie es seine Gewohnheit war, schritt Jesus zugunsten der angegriffenen Person ein. Mit ein paar Schritten befand er sich hinter dem wutentbrannten Ehemann, klopfte ihm freundlich auf die Schulter und sagte: „Mein Freund, kann ich mit dir für einen Augenblick unter vier Augen sprechen?“ Der wütende Mann war ob einer solchen Annäherung völlig verdutzt, und nach einigem verlegenen Zögern stammelte er: „Eh — warum — ja, was willst du von mir?“ Jesus führte ihn zur Seite und sprach zu ihm: „Mein Freund, ich spüre, dass dir etwas Schreckliches zugestoßen sein muss. Ich würde sehr gerne von dir hören, was einen so kräftigen Mann wie dich dazu gebracht hat, seine Frau, die Mutter seiner Kinder, anzugreifen, und das noch hier draußen vor aller Augen. Ich bin sicher, dass du in dir einen guten Grund für diesen Angriff fühlst. Was hat die Frau getan, dass sie von ihrem Ehemann eine solche Behandlung verdient? Wenn ich dich so anschaue, meine ich in deinem Gesicht Liebe zur Gerechtigkeit zu lesen, wenn nicht gar den Wunsch, Barmherzigkeit zu üben. Ich gehe so weit zu sagen, dass du mir ohne Zögern zu Hilfe eilen würdest, fändest du mich am Wegrand von Räubern angegriffen. Ich wage zu sagen, dass du im Laufe deines Lebens oft so mutig gehandelt hast. Nun, mein Freund, sag mir, worum es geht! Hat die Frau etwas Unrechtes getan, oder hast du törichterweise den Kopf verloren und sie unbesonnen angegriffen?“ Das Herz des Mannes wurde nicht so sehr durch das gerührt, was Jesus sagte, als durch den gütigen Blick und das mitfühlende Lächeln, das Jesus ihm am Ende seiner Bemerkungen schenkte. Der Mann sprach: „Es ist mir klar, dass du ein Priester der Kyniker bist, und ich bin dir dankbar, dass du mich zurückgehalten hast. Meine Frau hat nichts sehr Schlimmes getan. Sie ist eine gute Frau, aber ihre Art, in aller Öffentlichkeit gegen mich zu sticheln, ärgert mich, und dann verliere ich die Beherrschung. Ich bedaure meinen Mangel an Selbstbeherrschung, und ich verspreche zu versuchen, gemäß dem früheren Gelübde zu leben, das ich gegenüber einem deiner Mitbrüder abgelegt habe, der mich vor vielen Jahren den besseren Weg gelehrt hat. Ich verspreche es dir.“ 133:2.1 (1470.2) While tarrying at the ship landing, waiting for the boat to unload cargo, the travelers observed a man mistreating his wife. As was his custom, Jesus intervened in behalf of the person subjected to attack. He stepped up behind the irate husband and, tapping him gently on the shoulder, said: “My friend, may I speak with you in private for a moment?” The angry man was nonplused by such an approach and, after a moment of embarrassing hesitation, stammered out—“er—why—yes, what do you want with me?” When Jesus had led him to one side, he said: “My friend, I perceive that something terrible must have happened to you; I very much desire that you tell me what could happen to such a strong man to lead him to attack his wife, the mother of his children, and that right out here before all eyes. I am sure you must feel that you have some good reason for this assault. What did the woman do to deserve such treatment from her husband? As I look upon you, I think I discern in your face the love of justice if not the desire to show mercy. I venture to say that, if you found me out by the wayside, attacked by robbers, you would unhesitatingly rush to my rescue. I dare say you have done many such brave things in the course of your life. Now, my friend, tell me what is the matter? Did the woman do something wrong, or did you foolishly lose your head and thoughtlessly assault her?” It was not so much what he said that touched this man’s heart as the kindly look and the sympathetic smile which Jesus bestowed upon him at the conclusion of his remarks. Said the man: “I perceive you are a priest of the Cynics, and I am thankful you restrained me. My wife has done no great wrong; she is a good woman, but she irritates me by the manner in which she picks on me in public, and I lose my temper. I am sorry for my lack of self-control, and I promise to try to live up to my former pledge to one of your brothers who taught me the better way many years ago. I promise you.”
133:2.2 (1471.1) Darauf sagte ihm Jesus zum Abschied: „Mein Bruder, vergiss nie, dass der Mann keine rechtmäßige Machtbefugnis über die Frau besitzt, es sei denn, diese habe sie ihm willentlich und freiwillig gegeben. Deine Frau hat eingewilligt, an deiner Seite durchs Leben zu gehen, dir in dessen Kämpfen beizustehen und die weitaus größere Bürde auf sich zu nehmen, deine Kinder unter dem Herzen zu tragen und aufzuziehen. Als Gegenleistung für diesen besonderen Dienst ist es nur billig, dass sie von dir jenen besonderen Schutz erhält, den der Mann seiner Frau als dem Ehepartner geben kann, der die Kinder tragen, gebären und aufziehen muss. Die liebevolle Fürsorge und die Achtung, die ein Mann seiner Frau und seinen Kindern entgegenzubringen gewillt ist, sind der Maßstab dafür, inwieweit dieser Mann die höheren Ebenen schöpferischen und geistigen Selbstbewusstseins erreicht hat. Weißt du nicht, dass Männer und Frauen insofern Gottes Partner sind, als sie zur Schaffung von Lebewesen zusammenwirken, die heranwachsen, um sich das Potential unsterblicher Seelen anzueignen? Der Vater im Himmel behandelt die Geist-Mutter der Kinder des Universums als eine ihm Ebenbürtige. Es ist gottähnlich, dein Leben und alles, was darauf Bezug hat, mit deiner Mutter-Partnerin als Gleichberechtigter zu teilen, die mit dir so ganz und gar die göttliche Erfahrung teilt, euch im Leben eurer Kinder fortzupflanzen. Wenn du erst einmal deine Kinder so lieben kannst, wie Gott dich liebt, dann wirst du auch deine Frau so lieben und hochhalten, wie der Vater im Himmel den Unendlichen Geist, die Mutter aller Geistkinder eines unermesslichen Universums, ehrt und verherrlicht.“ 133:2.2 (1471.1) And then, in bidding him farewell, Jesus said: “My brother, always remember that man has no rightful authority over woman unless the woman has willingly and voluntarily given him such authority. Your wife has engaged to go through life with you, to help you fight its battles, and to assume the far greater share of the burden of bearing and rearing your children; and in return for this special service it is only fair that she receive from you that special protection which man can give to woman as the partner who must carry, bear, and nurture the children. The loving care and consideration which a man is willing to bestow upon his wife and their children are the measure of that man’s attainment of the higher levels of creative and spiritual self-consciousness. Do you not know that men and women are partners with God in that they co-operate to create beings who grow up to possess themselves of the potential of immortal souls? The Father in heaven treats the Spirit Mother of the children of the universe as one equal to himself. It is Godlike to share your life and all that relates thereto on equal terms with the mother partner who so fully shares with you that divine experience of reproducing yourselves in the lives of your children. If you can only love your children as God loves you, you will love and cherish your wife as the Father in heaven honors and exalts the Infinite Spirit, the mother of all the spirit children of a vast universe.”
133:2.3 (1471.2) Als sie an Bord des Schiffes gingen, bot sich ihnen der Anblick eines Paares, das in stummer Umarmung und mit Tränen in den Augen dastand. Gonod, der die zweite Hälfte der an den Mann gerichteten Worte Jesu gehört hatte, sann den ganzen Tag darüber nach und entschloss sich, bei seiner Rückkehr nach Indien sein Familienleben auf eine neue Grundlage zu stellen. 133:2.3 (1471.2) As they went on board the boat, they looked back upon the scene of the teary-eyed couple standing in silent embrace. Having heard the latter half of Jesus’ message to the man, Gonod was all day occupied with meditations thereon, and he resolved to reorganize his home when he returned to India.
133:2.4 (1471.3) Die Reise nach Nikopolis verlief angenehm, infolge ungünstigen Windes aber langsam. Die drei verbrachten viele Stunden damit, einander ihre Erlebnisse in Rom zu erzählen und sich alles, was sich seit ihrer ersten Begegnung in Jerusalem ereignet hatte, in Erinnerung zu rufen. Der Geist persönlicher Seelsorge erfüllte Ganid immer mehr. Er begann, an dem Schiffsverwalter zu arbeiten, aber als er am zweiten Tag in religiöse Untiefen geriet, rief er Josua herbei, damit ihm dieser wieder heraushelfen möge. 133:2.4 (1471.3) The journey to Nicopolis was pleasant but slow as the wind was not favorable. The three spent many hours recounting their experiences in Rome and reminiscing about all that had happened to them since they first met in Jerusalem. Ganid was becoming imbued with the spirit of personal ministry. He began work on the steward of the ship, but on the second day, when he got into deep religious water, he called on Joshua to help him out.
133:2.5 (1471.4) Sie hielten sich mehrere Tage in Nikopolis auf. Augustus hatte diese Stadt fünfzig Jahre zuvor im Gedenken an die Schlacht von Aktium als „Stadt des Sieges“ gegründet, denn hier hatte er vor der Schlacht mit seiner Armee sein Lager aufgeschlagen. Sie wohnten im Hause eines gewissen Jeramis, eines Griechen, der zum jüdischen Glauben übergetreten war und den sie an Bord des Schiffes kennen gelernt hatten. Der Apostel Paulus verbrachte mit dem Sohn des Jeramis im Laufe seiner dritten Missionsreise einen ganzen Winter in demselben Hause. Von Nikopolis fuhren sie mit dem gleichen Schiff nach Korinth weiter, der Hauptstadt der römischen Provinz Achaia. 133:2.5 (1471.4) They spent several days at Nicopolis, the city which Augustus had founded some fifty years before as the “city of victory” in commemoration of the battle of Actium, this site being the land whereon he camped with his army before the battle. They lodged in the home of one Jeramy, a Greek proselyte of the Jewish faith, whom they had met on shipboard. The Apostle Paul spent all winter with the son of Jeramy in the same house in the course of his third missionary journey. From Nicopolis they sailed on the same boat for Corinth, the capital of the Roman province of Achaia.
3. In Korinth ^top 3. At Corinth ^top
133:3.1 (1471.5) Zu der Zeit, als sie Korinth erreichten, begann sich Ganid sehr stark für die jüdische Religion zu interessieren. Als sie eines Tages an einer Synagoge vorüberkamen und die Leute hineingehen sahen, war es deshalb nicht befremdlich, dass Ganid Jesus bat, ihn zu dem Gottesdienst mitzunehmen. An diesem Tag hörten sie einen gelehrten Rabbiner über „die Bestimmung Israels“ reden, und nach dem Gottesdienst lernten sie den obersten Leiter dieser Synagoge, einen gewissen Krispus, kennen. Oft kehrten sie zu den Gottesdiensten in die Synagoge zurück, aber hauptsächlich, um Krispus zu treffen. Ganid gewann ihn, seine Frau und seine fünf Kinder sehr lieb. Es erfüllte ihn mit Freude zu beobachten, wie ein Jude sein Familienleben gestaltete. 133:3.1 (1471.5) By the time they reached Corinth, Ganid was becoming very much interested in the Jewish religion, and so it was not strange that, one day as they passed the synagogue and saw the people going in, he requested Jesus to take him to the service. That day they heard a learned rabbi discourse on the “Destiny of Israel,” and after the service they met one Crispus, the chief ruler of this synagogue. Many times they went back to the synagogue services, but chiefly to meet Crispus. Ganid grew to be very fond of Crispus, his wife, and their family of five children. He much enjoyed observing how a Jew conducted his family life.
133:3.2 (1472.1) Während Ganid das Familienleben studierte, lehrte Jesus den Krispus bessere Wege religiösen Lebens. Jesus hatte mit diesem aufgeschlossenen Juden mehr als zwanzig Unterredungen. Als Paulus Jahre danach in dieser nämlichen Synagoge predigte, die Juden aber seine Botschaft ablehnten und ihm durch Abstimmung alles weitere Predigen in der Synagoge untersagten, ging er zu den Heiden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Krispus mit seiner ganzen Familie die neue Religion annahm und zu einem der wichtigsten Pfeiler der christlichen Kirche wurde, die Paulus später in Korinth organisierte. 133:3.2 (1472.1) While Ganid studied family life, Jesus was teaching Crispus the better ways of religious living. Jesus held more than twenty sessions with this forward-looking Jew; and it is not surprising, years afterward, when Paul was preaching in this very synagogue, and when the Jews had rejected his message and had voted to forbid his further preaching in the synagogue, and when he then went to the gentiles, that Crispus with his entire family embraced the new religion, and that he became one of the chief supports of the Christian church which Paul subsequently organized at Corinth.
133:3.3 (1472.2) In den achtzehn Monaten seines Predigens in Korinth lernte Paulus, dem sich später Silas und Timotheus zugesellten, noch viele andere kennen, die von dem „jüdischen Hauslehrer des Sohnes eines indischen Kaufmanns“ Unterweisung empfangen hatten. 133:3.3 (1472.2) During the eighteen months Paul preached in Corinth, being later joined by Silas and Timothy, he met many others who had been taught by the “Jewish tutor of the son of an Indian merchant.”
133:3.4 (1472.3) In Korinth begegneten sie Menschen aller Rassen aus drei Kontinenten. Nach Alexandria und Rom war Korinth die kosmopolitischste Stadt des Mittelmeerreichs. Es gab in ihr viel Sehenswertes, und Ganid wurde nie müde, die Zitadelle zu besuchen, die sich etwa sechshundert Meter über dem Meer erhob. Einen großen Teil seiner Freizeit verbrachte er auch um die Synagoge herum und im Hause des Krispus. Die Stellung der Frau im jüdischen Heim schockierte ihn zunächst, bezauberte ihn aber dann; es war für diesen jungen Inder wie eine Offenbarung. 133:3.4 (1472.3) At Corinth they met people of every race hailing from three continents. Next to Alexandria and Rome, it was the most cosmopolitan city of the Mediterranean empire. There was much to attract one’s attention in this city, and Ganid never grew weary of visiting the citadel which stood almost two thousand feet above the sea. He also spent a great deal of his spare time about the synagogue and in the home of Crispus. He was at first shocked, and later on charmed, by the status of woman in the Jewish home; it was a revelation to this young Indian.
133:3.5 (1472.4) Jesus und Ganid waren auch oft Gäste in einem anderen jüdischen Hause, nämlich in dem des Justus, eines frommen Kaufmannes, der gleich neben der Synagoge wohnte. Wenn der Apostel Paulus später in diesem Hause weilte, hörte er sich häufig die Berichte von den Besuchen des indischen Jungen und seines jüdischen Hauslehrers an, und Paulus und Justus fragten sich beide, was wohl aus einem so weisen und glänzenden hebräischen Lehrer geworden sein mochte. 133:3.5 (1472.4) Jesus and Ganid were often guests in another Jewish home, that of Justus, a devout merchant, who lived alongside the synagogue. And many times, subsequently, when the Apostle Paul sojourned in this home, did he listen to the recounting of these visits with the Indian lad and his Jewish tutor, while both Paul and Justus wondered whatever became of such a wise and brilliant Hebrew teacher.
133:3.6 (1472.5) In Rom hatte Ganid die Beobachtung gemacht, dass Jesus sich weigerte, sie in die öffentlichen Bäder zu begleiten. Danach versuchte der junge Mann mehrmals, Jesus dazu zu bringen, sich ausgiebiger über die Beziehungen zwischen den Geschlechtern zu äußern. Er beantwortete zwar die Fragen des Jünglings, schien aber nie geneigt, sich über diese Themen ausführlicher auszulassen. Als sie eines Abends in Korinth umherschlenderten, wurden sie draußen, wo die Zitadellenmauer zum Meer hinunterlief, von zwei Dirnen angesprochen. Ganid war zu Recht von der Idee durchdrungen, dass Jesus ein Mann mit hohen Idealen sei und alles verabscheue, was mit Unreinheit behaftet war oder einen Beigeschmack von Schlechtigkeit hatte; demzufolge sprach er zu diesen Frauen in schroffem Ton und forderte sie unsanft zum Weggehen auf. Als Jesus das sah, sprach er zu Ganid: „Du meinst es gut, aber du solltest dir nicht anmaßen, in dieser Weise zu Kindern Gottes zu sprechen, auch wenn es zufällig seine auf Abwege geratenen Kinder sind. Wer sind wir, dass wir über diese Frauen zu Gericht sitzen dürfen? Kennst du etwa alle Umstände, die sie dazu geführt haben, zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zu solchen Methoden Zuflucht zu nehmen? Bleib hier mit mir stehen und lass uns über diese Dinge sprechen.“ Die Kurtisanen waren über das, was er sagte, sogar noch verwunderter als Ganid. 133:3.6 (1472.5) When in Rome, Ganid observed that Jesus refused to accompany them to the public baths. Several times afterward the young man sought to induce Jesus further to express himself in regard to the relations of the sexes. Though he would answer the lad’s questions, he never seemed disposed to discuss these subjects at great length. One evening as they strolled about Corinth out near where the wall of the citadel ran down to the sea, they were accosted by two public women. Ganid had imbibed the idea, and rightly, that Jesus was a man of high ideals, and that he abhorred everything which partook of uncleanness or savored of evil; accordingly he spoke sharply to these women and rudely motioned them away. When Jesus saw this, he said to Ganid: “You mean well, but you should not presume thus to speak to the children of God, even though they chance to be his erring children. Who are we that we should sit in judgment on these women? Do you happen to know all of the circumstances which led them to resort to such methods of obtaining a livelihood? Stop here with me while we talk about these matters.” The courtesans were astonished at what he said even more than was Ganid.
133:3.7 (1472.6) Während sie alle im Mondlicht dastanden, fuhr Jesus fort: „In jedem menschlichen Verstand lebt ein göttlicher Geist, die Gabe des Vaters im Himmel. Dieser gute Geist bemüht sich unaufhörlich, uns zu Gott zu führen, uns dabei zu helfen, Gott zu finden und ihn zu kennen; aber in den Menschen gibt es auch viele natürliche physische Anlagen, die der Schöpfer in sie gelegt hat, um dem Wohlbefinden des Einzelnen und der Rasse zu dienen. Nun geraten Männer und Frauen oft in Verwirrung bei ihrem Bemühen, sich selber zu verstehen und mit den vielfältigen Schwierigkeiten fertig zu werden, denen sie beim Verdienen ihres Lebensunterhaltes in einer Welt begegnen, die so weitgehend von Selbstsucht und Sünde beherrscht wird. Es scheint mir, Ganid, dass keine dieser beiden Frauen mit Willen verworfen ist. Ich kann an ihren Gesichtern erkennen, dass sie viel Leid durchgemacht haben. Sie haben durch ein offenbar grausames Schicksal viel gelitten; sie haben diese Art Leben nicht absichtlich gewählt; sie haben, entmutigt und am Rande der Verzweiflung, dem Druck des Augenblicks nachgegeben und dieses widerliche Mittel zum Lebensunterhalt als den besten Ausweg aus einer Lage akzeptiert, die ihnen hoffnungslos erschien. Ganid, gewisse Leute sind wirklich von Grund auf böse; sie tun vorsätzlich Niederträchtiges. Aber sag‘ mir, ob du etwas Schlechtes oder Verworfenes in diesen nun tränenbenetzten Gesichtern erblickst?“ Und während Jesus innehielt, um ihn antworten zu lassen, stammelte Ganid mit erstickter Stimme: „Nein, mein Lehrer, und ich entschuldige mich für meine Grobheit gegen sie — ich bitte sie dringend um Vergebung.“ Daraufhin sagte Jesus: „Und ich bestelle dir im Voraus von ihnen, dass sie dir vergeben haben, sowie ich im Namen meines Vaters im Himmel sage, dass er ihnen vergeben hat. Kommt nun alle mit mir in das Haus eines Freundes, wo wir um Erfrischung bitten und Pläne für ein neues und besseres Leben in der Zukunft schmieden wollen.“ Bis dahin hatten die völlig verblüfften Frauen kein Wort gesagt; sie schauten einander an und folgten schweigend, als die Männer vorausschritten. 133:3.7 (1472.6) As they stood there in the moonlight, Jesus went on to say: “There lives within every human mind a divine spirit, the gift of the Father in heaven. This good spirit ever strives to lead us to God, to help us to find God and to know God; but also within mortals there are many natural physical tendencies which the Creator put there to serve the well-being of the individual and the race. Now, oftentimes, men and women become confused in their efforts to understand themselves and to grapple with the manifold difficulties of making a living in a world so largely dominated by selfishness and sin. I perceive, Ganid, that neither of these women is willfully wicked. I can tell by their faces that they have experienced much sorrow; they have suffered much at the hands of an apparently cruel fate; they have not intentionally chosen this sort of life; they have, in discouragement bordering on despair, surrendered to the pressure of the hour and accepted this distasteful means of obtaining a livelihood as the best way out of a situation that to them appeared hopeless. Ganid, some people are really wicked at heart; they deliberately choose to do mean things, but, tell me, as you look into these now tear-stained faces, do you see anything bad or wicked?” And as Jesus paused for his reply, Ganid’s voice choked up as he stammered out his answer: “No, Teacher, I do not. And I apologize for my rudeness to them—I crave their forgiveness.” Then said Jesus: “And I bespeak for them that they have forgiven you as I speak for my Father in heaven that he has forgiven them. Now all of you come with me to a friend’s house where we will seek refreshment and plan for the new and better life ahead.” Up to this time the amazed women had not uttered a word; they looked at each other and silently followed as the men led the way.
133:3.8 (1473.1) Stellt euch die Überraschung der Frau des Justus vor, als Jesus zu dieser späten Stunde mit Ganid und den zwei Fremden erschien und sagte: „Entschuldige unser Kommen zu dieser späten Stunde, aber Ganid und ich hätten gerne eine Kleinigkeit zu essen, und wir möchten es mit diesen unseren neu gefundenen Freundinnen teilen, die ebenfalls Nahrung nötig haben; und außerdem kommen wir zu dir, weil wir denken, du könntest interessiert sein, mit uns darüber zu beratschlagen, wie wir diesen Frauen am besten helfen könnten, ein neues Leben zu beginnen. Sie können dir ihre Geschichte erzählen, aber ich vermute, dass sie Schweres durchgemacht haben, und allein ihre Gegenwart hier in diesem Hause bezeugt, wie ernsthaft sie sich danach sehnen, gute Menschen zu kennen, und wie willig sie die Gelegenheit wahrnehmen wollen, der ganzen Welt — und sogar den Engeln des Himmels — zu zeigen, was für mutige und edle Frauen sie werden können.“ 133:3.8 (1473.1) Imagine the surprise of Justus’ wife when, at this late hour, Jesus appeared with Ganid and these two strangers, saying: “You will forgive us for coming at this hour, but Ganid and I desire a bite to eat, and we would share it with these our new-found friends, who are also in need of nourishment; and besides all this, we come to you with the thought that you will be interested in counseling with us as to the best way to help these women get a new start in life. They can tell you their story, but I surmise they have had much trouble, and their very presence here in your house testifies how earnestly they crave to know good people, and how willingly they will embrace the opportunity to show all the world—and even the angels of heaven—what brave and noble women they can become.”
133:3.9 (1473.2) Als Martha, die Frau des Justus, das Essen aufgetischt hatte, verabschiedete sich Jesus unerwartet und sagte: „Da es spät geworden ist und der Vater des jungen Mannes wohl auf uns wartet, bitten wir euch, uns zu entschuldigen, wenn wir euch — drei Frauen — die geliebten Kinder des Allerhöchsten, nun hier zusammen allein lassen. Und ich werde für eure geistige Führung beten, während ihr Pläne für ein neues und besseres Leben auf Erden und für das ewige Leben im großen Jenseits macht.“ 133:3.9 (1473.2) When Martha, Justus’ wife, had spread the food on the table, Jesus, taking unexpected leave of them, said: “As it is getting late, and since the young man’s father will be awaiting us, we pray to be excused while we leave you here together—three women—the beloved children of the Most High. And I will pray for your spiritual guidance while you make plans for a new and better life on earth and eternal life in the great beyond.”
133:3.10 (1473.3) Und so nahmen Jesus und Ganid von den Frauen Abschied. Bis dahin hatten die beiden Kurtisanen nichts gesagt; und Ganid war ebenso sprachlos. Auch Martha fand einige Augenblicke lang nichts zu sagen, aber rasch zeigte sie sich der Lage gewachsen und tat für diese Fremden alles, was Jesus erhofft hatte. Die ältere der beiden Frauen starb kurz darauf mit glänzenden Hoffnungen auf ewiges Fortleben, während die jüngere am Geschäftssitz des Justus arbeitete und später bis an ihr Lebensende Mitglied der ersten christlichen Kirche von Korinth war. 133:3.10 (1473.3) Thus did Jesus and Ganid take leave of the women. So far the two courtesans had said nothing; likewise was Ganid speechless. And for a few moments so was Martha, but presently she rose to the occasion and did everything for these strangers that Jesus had hoped for. The elder of these two women died a short time thereafter, with bright hopes of eternal survival, and the younger woman worked at Justus’ place of business and later became a lifelong member of the first Christian church in Corinth.
133:3.11 (1473.4) Oft trafen Jesus und Ganid im Hause des Justus einen gewissen Gaius, der später ein treuer Helfer des Paulus wurde. Während ihres zweimonatigen Aufenthaltes in Korinth führten sie mit Dutzenden von Personen, die es wert waren, vertrauliche Gespräche, und als Ergebnis all dieser scheinbar zufälligen Kontakte wurden mehr als die Hälfte der Betroffenen Mitglieder der späteren christlichen Gemeinde. 133:3.11 (1473.4) Several times in the home of Crispus, Jesus and Ganid met one Gaius, who subsequently became a loyal supporter of Paul. During these two months in Corinth they held intimate conversations with scores of worth-while individuals, and as a result of all these apparently casual contacts more than half of the individuals so affected became members of the subsequent Christian community.
133:3.12 (1473.5) Als Paulus zum ersten Mal nach Korinth kam, hatte er nicht die Absicht, sich hier längere Zeit aufzuhalten. Aber er wusste nicht, wie gute Vorarbeit der jüdische Hauslehrer für sein Werk geleistet hatte. Des Weiteren entdeckte er, dass Aquila und Priscilla bereits großes Interesse geweckt hatten. Aquila war einer der Kyniker, mit denen Jesus in Rom in Kontakt gekommen war. Das jüdische Paar war aus Rom geflohen und nahm rasch die Lehren des Paulus an. Dieser lebte und arbeitete mit den beiden, denn auch sie waren Zeltmacher. Es war diesen Umständen zuzuschreiben, dass Paulus seinen Aufenthalt in Korinth verlängerte. 133:3.12 (1473.5) When Paul first went to Corinth, he had not intended to make a prolonged visit. But he did not know how well the Jewish tutor had prepared the way for his labors. And further, he discovered that great interest had already been aroused by Aquila and Priscilla, Aquila being one of the Cynics with whom Jesus had come in contact when in Rome. This couple were Jewish refugees from Rome, and they quickly embraced Paul’s teachings. He lived with them and worked with them, for they were also tentmakers. It was because of these circumstances that Paul prolonged his stay in Corinth.
4. Persönliches Wirken in Korinth ^top 4. Personal Work in Corinth ^top
133:4.1 (1474.1) Jesus und Ganid hatten in Korinth noch viele andere interessante Erlebnisse. Sie führten vertrauliche Gespräche mit einer großen Anzahl Menschen, die alle bedeutenden Nutzen aus der Unterweisung zogen, die sie von Jesus erhielten. 133:4.1 (1474.1) Jesus and Ganid had many more interesting experiences in Corinth. They had close converse with a great number of persons who greatly profited by the instruction received from Jesus.
133:4.2 (1474.2) Einen Müller lehrte er das Mahlen der Wahrheitskörner in der Mühle der Lebenserfahrung, um dadurch die schwierigen Dinge des göttlichen Lebens sogar den Schwachen und Beschränkten unter unseren Mitmenschen leicht zugänglich zu machen. Jesus sagte: „Gib denen die Milch der Wahrheit, die noch Säuglinge in der geistigen Wahrnehmung sind. Biete in deinem lebendigen Liebesdienst geistige Nahrung in anziehender Form an, die der Aufnahmefähigkeit eines jeden, der dich aufsucht, angepasst ist.“ 133:4.2 (1474.2) The miller he taught about grinding up the grains of truth in the mill of living experience so as to render the difficult things of divine life readily receivable by even the weak and feeble among one’s fellow mortals. Said Jesus: “Give the milk of truth to those who are babes in spiritual perception. In your living and loving ministry serve spiritual food in attractive form and suited to the capacity of receptivity of each of your inquirers.”
133:4.3 (1474.3) Zu einem römischen Zenturio sagte er: „Gib dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist. Es gibt keinen Konflikt zwischen dem aufrichtigen Dienst an Gott und dem treuen Dienst am Kaiser; es sei denn, der Kaiser maße sich an, für sich selber die Ehrenbezeugung in Anspruch zu nehmen, die allein die Gottheit fordern kann. Treue gegenüber Gott, solltest du dahin gelangen, ihn zu kennen, würde dich nur umso treuer und verlässlicher in deiner Ergebenheit gegenüber einem würdigen Kaiser machen.“ 133:4.3 (1474.3) To the Roman centurion he said: “Render unto Caesar the things which are Caesar’s and unto God the things which are God’s. The sincere service of God and the loyal service of Caesar do not conflict unless Caesar should presume to arrogate to himself that homage which alone can be claimed by Deity. Loyalty to God, if you should come to know him, would render you all the more loyal and faithful in your devotion to a worthy emperor.”
133:4.4 (1474.4) Zu dem aufrichtigen Oberhaupt des Mithraskultes sagte er: „Du tust recht, wenn du nach einer Religion des ewigen Heils suchst, aber du irrst dich, wenn du bei den von Menschen geschaffenen Mysterien und in menschlichen Philosophien nach einer so glorreichen Wahrheit auf die Suche gehst. Weißt du nicht, dass das Mysterium der ewigen Erlösung in deiner eigenen Seele wohnt? Weißt du nicht, dass der Gott des Himmels seinen Geist ausgesandt hat, um in dir zu leben, und dass dieser Geist alle wahrheitsliebenden und Gott dienenden Sterblichen aus diesem Leben hinaus- und durch die Pforte des Todes zu den ewigen Lichthöhen hinaufführen wird, wo Gott wartet, um seine Kinder zu empfangen? Und vergiss nie: Ihr, die ihr Gott kennt, seid Gottes Söhne, wenn ihr euch wahrhaftig danach sehnt, ihm zu gleichen.“ 133:4.4 (1474.4) To the earnest leader of the Mithraic cult he said: “You do well to seek for a religion of eternal salvation, but you err to go in quest of such a glorious truth among man-made mysteries and human philosophies. Know you not that the mystery of eternal salvation dwells within your own soul? Do you not know that the God of heaven has sent his spirit to live within you, and that this spirit will lead all truth-loving and God-serving mortals out of this life and through the portals of death up to the eternal heights of light where God waits to receive his children? And never forget: You who know God are the sons of God if you truly yearn to be like him.”
133:4.5 (1474.5) Zu einem epikureischen Lehrer sagte er: „Du tust gut daran, das Beste zu wählen und das Gute zu schätzen, aber ist es weise von dir, die höheren Dinge der menschlichen Existenz nicht wahrzunehmen, die sich im Geistigen befinden und aus der Bewusstwerdung der Gegenwart Gottes im Menschenherzen hervorgehen? Das Große in der gesamten menschlichen Erfahrung ist die Innewerdung Gottes, dessen Geist in dir wohnt und danach strebt, dich auf der langen und nahezu endlosen Reise bis in die persönliche Gegenwart unseres gemeinsamen Vaters zu führen, des Gottes der ganzen Schöpfung und des Herrn der Universen.“ 133:4.5 (1474.5) To the Epicurean teacher he said: “You do well to choose the best and esteem the good, but are you wise when you fail to discern the greater things of mortal life which are embodied in the spirit realms derived from the realization of the presence of God in the human heart? The great thing in all human experience is the realization of knowing the God whose spirit lives within you and seeks to lead you forth on that long and almost endless journey of attaining the personal presence of our common Father, the God of all creation, the Lord of universes.”
133:4.6 (1474.6) Zu einem griechischen Unternehmer und Bauherrn sprach er: „Mein Freund, so wie du für die Menschen materielle Bauwerke errichtest, so bilde auch in dir einen geistigen Charakter heran, der dem göttlichen Geist in deiner Seele ähnelt. Lass deinen Erfolg als zeitlicher Bauherr nicht dein Wachstum als geistiger Sohn des Königreichs des Himmels überholen. Versäume nicht, während du für die anderen Häuser auf Zeit baust, dir selber das Anrecht auf die Häuser der Ewigkeit zu sichern. Denk immer daran, dass es eine Stadt gibt, deren Fundamente Rechtschaffenheit und Wahrheit sind, und deren Erbauer und Gestalter Gott ist.“ 133:4.6 (1474.6) To the Greek contractor and builder he said: “My friend, as you build the material structures of men, grow a spiritual character in the similitude of the divine spirit within your soul. Do not let your achievement as a temporal builder outrun your attainment as a spiritual son of the kingdom of heaven. While you build the mansions of time for another, neglect not to secure your title to the mansions of eternity for yourself. Ever remember, there is a city whose foundations are righteousness and truth, and whose builder and maker is God.”
133:4.7 (1474.7) Zu einem römischen Richter sagte er: „Denke daran, wenn du über Menschen zu Gericht sitzt, dass eines Tages auch über dich selbst vor dem Richterstuhl der Herrscher eines Universums verhandelt werden wird. Richte gerecht, sogar barmherzig, denn auch du wirst eines Tages den höchsten Richter um barmherzige Behandlung anflehen. Richte so, wie du selber unter gleichen Umständen beurteilt zu werden wünschtest, und lasse dich dabei ebenso sehr vom Geiste wie vom Buchstaben des Gesetzes leiten. Und in dem Maße, wie du angesichts der Bedürfnisse derer, die vor dich gebracht werden, von Fairness geprägte Gerechtigkeit gewährst, sollst auch du das Recht haben, Gerechtigkeit zu erwarten, die durch Erbarmen gemildert wurde, wenn du dereinst vor dem Richter der ganzen Erde stehen wirst.“ 133:4.7 (1474.7) To the Roman judge he said: “As you judge men, remember that you yourself will also some day come to judgment before the bar of the Rulers of a universe. Judge justly, even mercifully, even as you shall some day thus crave merciful consideration at the hands of the Supreme Arbiter. Judge as you would be judged under similar circumstances, thus being guided by the spirit of the law as well as by its letter. And even as you accord justice dominated by fairness in the light of the need of those who are brought before you, so shall you have the right to expect justice tempered by mercy when you sometime stand before the Judge of all the earth.”
133:4.8 (1475.1) Zu der Wirtin einer griechischen Herberge sagte er: „Übe deine Gastfreundschaft aus wie jemand, der die Kinder des Allerhöchsten bewirtet. Erhebe die Mühsal deines Tagewerks auf die Höhe einer Kunst, indem du dir zunehmend innewirst, dass du in den Menschen Gott dienst. Er bewohnt sie durch seinen Geist, der herabgestiegen ist, um in ihren Herzen zu leben und dadurch versucht, ihr Denken umzuwandeln und ihre Seele zur Kenntnis des Paradies-Vaters aller dieser Gaben des göttlichen Geistes zu führen.“ 133:4.8 (1475.1) To the mistress of the Greek inn he said: “Minister your hospitality as one who entertains the children of the Most High. Elevate the drudgery of your daily toil to the high levels of a fine art through the increasing realization that you minister to God in the persons whom he indwells by his spirit which has descended to live within the hearts of men, thereby seeking to transform their minds and lead their souls to the knowledge of the Paradise Father of all these bestowed gifts of the divine spirit.”
133:4.9 (1475.2) Jesus traf sich häufig mit einem chinesischen Kaufmann. Beim Abschied mahnte er ihn: „Bete nur Gott an, der dein wahrer geistiger Ahne ist. Denke daran, dass der Geist deines Vaters immer in dir lebt und deine Seele stets himmelwärts ausrichtet. Wenn du der unbewussten Führung durch diesen unsterblichen Geist folgst, bist du sicher, auf dem aufwärts weisenden Weg der Gottfindung weiterzuschreiten. Und wenn du schließlich den Vater im Himmel tatsächlich erreichst, so deshalb, weil du ihm auf deiner Suche immer ähnlicher geworden bist. Lebe wohl, Chang, aber nur für eine Weile, denn wir werden uns wieder sehen in den Welten des Lichts, wo der Vater der Geistseelen viele herrliche Rastplätze für jene eingerichtet hat, die nach dem Paradies unterwegs sind.“ 133:4.9 (1475.2) Jesus had many visits with a Chinese merchant. In saying good-bye, he admonished him: “Worship only God, who is your true spirit ancestor. Remember that the Father’s spirit ever lives within you and always points your soul-direction heavenward. If you follow the unconscious leadings of this immortal spirit, you are certain to continue on in the uplifted way of finding God. And when you do attain the Father in heaven, it will be because by seeking him you have become more and more like him. And so farewell, Chang, but only for a season, for we shall meet again in the worlds of light where the Father of spirit souls has provided many delightful stopping-places for those who are Paradise-bound.”
133:4.10 (1475.3) Zu einem Reisenden aus Britannien sagte er: „Mein Bruder, ich erkenne, dass du nach der Wahrheit suchst, und ich möchte dir zu bedenken geben, dass der Geist des Vaters aller Wahrheit möglicherweise in dir wohnt. Hast du je aufrichtig versucht, mit dem Geist deiner eigenen Seele zu sprechen? Das ist in der Tat schwierig und lässt Erfolg selten bewusst werden; aber jeder ehrliche Versuch des materiellen Verstandes, mit dem ihm innewohnenden Geist in Verbindung zu treten, ist mit Sicherheit erfolgreich, wenngleich die Mehrzahl all dieser großartigen menschlichen Erlebnisse lange Zeit bloß überbewusste Eintragungen in den Seelen solcher Gott kennender Sterblicher bleiben müssen.“ 133:4.10 (1475.3) To the traveler from Britain he said: “My brother, I perceive you are seeking for truth, and I suggest that the spirit of the Father of all truth may chance to dwell within you. Did you ever sincerely endeavor to talk with the spirit of your own soul? Such a thing is indeed difficult and seldom yields consciousness of success; but every honest attempt of the material mind to communicate with its indwelling spirit meets with certain success, notwithstanding that the majority of all such magnificent human experiences must long remain as superconscious registrations in the souls of such God-knowing mortals.”
133:4.11 (1475.4) Zu einem von zu Hause weggelaufenen jungen Burschen sagte Jesus: „Merke dir, dass es zwei Dinge gibt, denen du nicht davonlaufen kannst — weder Gott, noch dir selber. Wohin du dich auch immer wenden magst, nimmst du dich selber und den in deinem Herzen wohnenden Geist des himmlischen Vaters mit dir. Mein Sohn, gib die Versuche auf, dich selber zu betrügen; nimm die mutige Gewohnheit an, dich den Tatsachen des Lebens zu stellen; halte dich unerschütterlich an die Zusicherung, ein Sohn Gottes zu sein, und an die Gewissheit des ewigen Lebens, wie ich es dich gelehrt habe. Mache dir von heute an zum Vorsatz, ein wahrer Mann zu sein, ein Mann, der entschlossen ist, dem Leben tapfer und intelligent die Stirn zu bieten.“ 133:4.11 (1475.4) To the runaway lad Jesus said: “Remember, there are two things you cannot run away from—God and yourself. Wherever you may go, you take with you yourself and the spirit of the heavenly Father which lives within your heart. My son, stop trying to deceive yourself; settle down to the courageous practice of facing the facts of life; lay firm hold on the assurances of sonship with God and the certainty of eternal life, as I have instructed you. From this day on purpose to be a real man, a man determined to face life bravely and intelligently.”
133:4.12 (1475.5) Zu einem verurteilten Verbrecher sagte er in dessen letzter Stunde: „Mein Bruder, du hast schlimme Zeiten durchmachen müssen. Du hast deinen Weg verloren; du hast dich in den Schlingen des Verbrechens verstrickt. Nachdem ich mit dir gesprochen habe, weiß ich sehr wohl, dass du das, was dich in Kürze das zeitliche Leben kosten wird, nicht geplant hast: Aber du hast diese Übeltat begangen, und deine Mitbürger haben dich schuldig befunden; sie haben deinen Tod beschlossen. Weder du noch ich können dem Staat das Recht zur Selbstverteidigung in der von ihm gewählten Weise bestreiten. Es scheint keinen menschlichen Ausweg zu geben, der Bestrafung für deine Missetat zu entrinnen. Deine Mitmenschen müssen ihr Urteil über das, was du getan hast, fällen, aber es gibt einen Richter, den du um Vergebung anrufen kannst und der dich aufgrund deiner wirklichen Beweggründe und deiner besseren Absichten richten wird. Du brauchst das Gericht Gottes nicht zu fürchten, wenn deine Reue echt ist und dein Glaube aufrichtig. Die Tatsache, dass dein Irrtum die durch Menschen verordnete Todesstrafe nach sich zieht, beeinträchtigt nicht die Möglichkeit, dass deiner Seele vor dem himmlischen Gericht Gerechtigkeit widerfährt und sie in den Genuss der Barmherzigkeit gelangt.“ 133:4.12 (1475.5) To the condemned criminal he said at the last hour: “My brother, you have fallen on evil times. You lost your way; you became entangled in the meshes of crime. From talking to you, I well know you did not plan to do the thing which is about to cost you your temporal life. But you did do this evil, and your fellows have adjudged you guilty; they have determined that you shall die. You or I may not deny the state this right of self-defense in the manner of its own choosing. There seems to be no way of humanly escaping the penalty of your wrongdoing. Your fellows must judge you by what you did, but there is a Judge to whom you may appeal for forgiveness, and who will judge you by your real motives and better intentions. You need not fear to meet the judgment of God if your repentance is genuine and your faith sincere. The fact that your error carries with it the death penalty imposed by man does not prejudice the chance of your soul to obtain justice and enjoy mercy before the heavenly courts.”
133:4.13 (1476.1) Jesus hatte Freude daran, mit einer großen Zahl hungriger Seelen vertrauliche Gespräche zu führen, zu viele, als dass sie in diesen Bericht eingeschlossen werden könnten. Die drei Reisenden genossen ihren Aufenthalt in Korinth. Abgesehen von dem mehr als Bildungszentrum berühmten Athen war Korinth in jener römischen Zeit die wichtigste Stadt Griechenlands, und der zweimonatige Aufenthalt in diesem blühenden Handelszentrum bot allen dreien Gelegenheit zu wertvollen Erfahrungen. Ihr Aufenthalt in dieser Stadt war von allen Stationen auf ihrem Rückweg von Rom einer der interessantesten. 133:4.13 (1476.1) Jesus enjoyed many intimate talks with a large number of hungry souls, too many to find a place in this record. The three travelers enjoyed their sojourn in Corinth. Excepting Athens, which was more renowned as an educational center, Corinth was the most important city in Greece during these Roman times, and their two months’ stay in this thriving commercial center afforded opportunity for all three of them to gain much valuable experience. Their sojourn in this city was one of the most interesting of all their stops on the way back from Rome.
133:4.14 (1476.2) Gonod besaß in Korinth viele Interessen, aber schließlich brachte er seine Geschäfte zum Abschluss, und sie machten sich für die Seereise nach Athen bereit. Sie reisten auf einem kleinen Schiff, das auf dem Landweg über achtzehn Kilometer von einem Hafen Korinths zum anderen transportiert werden konnte. 133:4.14 (1476.2) Gonod had many interests in Corinth, but finally his business was finished, and they prepared to sail for Athens. They traveled on a small boat which could be carried overland on a land track from one of Corinth’s harbors to the other, a distance of ten miles.
5. In Athen — Vortrag über die Wissenschaft ^top 5. At Athens—Discourse on Science ^top
133:5.1 (1476.3) Sie kamen bald in dem alten Zentrum griechischer Wissenschaft und Gelehrsamkeit an, und Ganid war von dem Gedanken begeistert, in Athen, in Griechenland zu sein, dem kulturellen Mittelpunkt des einstigen Reichs Alexanders, das seine Grenzen sogar bis nach Indien, seinem eigenen Land, ausgedehnt hatte. Es gab hier nur wenige Geschäfte zu erledigen, und so verbrachte Gonod den größten Teil seiner Zeit mit Jesus und Ganid, besuchte mit ihnen die vielen bedeutenden Stätten und hörte den interessanten Gesprächen des Jünglings mit seinem vielseitigen Lehrer zu. 133:5.1 (1476.3) They shortly arrived at the olden center of Greek science and learning, and Ganid was thrilled with the thought of being in Athens, of being in Greece, the cultural center of the onetime Alexandrian empire, which had extended its borders even to his own land of India. There was little business to transact; so Gonod spent most of his time with Jesus and Ganid, visiting the many points of interest and listening to the interesting discussions of the lad and his versatile teacher.
133:5.2 (1476.4) Immer noch blühte eine große Universität in Athen, und das Trio besuchte häufig ihre Studiensäle. Jesus und Ganid hatten die Lehren Platos von Grund auf diskutiert, als sie den Vorlesungen im Museum von Alexandria beigewohnt hatten. Sie alle liebten die Kunst Griechenlands, von der sich da und dort in der Stadt immer noch Beispiele fanden. 133:5.2 (1476.4) A great university still thrived in Athens, and the trio made frequent visits to its halls of learning. Jesus and Ganid had thoroughly discussed the teachings of Plato when they attended the lectures in the museum at Alexandria. They all enjoyed the art of Greece, examples of which were still to be found here and there about the city.
133:5.3 (1476.5) Sowohl der Vater als auch der Sohn genossen das Gespräch über Wissenschaft sehr, das Jesus eines Abends in ihrem Gasthaus mit einem griechischen Philosophen führte. Dieser Pedant sprach fast drei Stunden lang, und als er seine Rede beendet hatte, sagte Jesus, in heutiger Denkweise ausgedrückt, Folgendes: 133:5.3 (1476.5) Both the father and the son greatly enjoyed the discussion on science which Jesus had at their inn one evening with a Greek philosopher. After this pedant had talked for almost three hours, and when he had finished his discourse, Jesus, in terms of modern thought, said:
133:5.4 (1476.6) Die Wissenschaftler mögen eines Tages die Energie- oder Kraftauswirkungen von Gravitation, Licht und Elektrizität messen, aber dieselben Wissenschaftler werden euch (wissenschaftlich) nie sagen können, was diese Phänomene des Universums sind. Die Wissenschaft beschäftigt sich mit den Aktivitäten physischer Energie; die Religion beschäftigt sich mit ewigen Werten. Wahre Philosophie erwächst aus der Weisheit, die ihr Bestes tut, um diese quantitativen und qualitativen Beobachtungen in Beziehung zu setzen. Es besteht immer die Gefahr, dass der reine Naturwissenschaftler das Opfer von mathematischem Stolz und statischer Selbstüberhebung wird, ganz zu schweigen von geistiger Blindheit. 133:5.4 (1476.6) Scientists may some day measure the energy, or force manifestations, of gravitation, light, and electricity, but these same scientists can never (scientifically) tell you what these universe phenomena are. Science deals with physical-energy activities; religion deals with eternal values. True philosophy grows out of the wisdom which does its best to correlate these quantitative and qualitative observations. There always exists the danger that the purely physical scientist may become afflicted with mathematical pride and statistical egotism, not to mention spiritual blindness.
133:5.5 (1476.7) Die Logik ist in der materiellen Welt gültig, und die Mathematik ist verlässlich, solange ihre Anwendung auf physische Dinge beschränkt bleibt. Aber weder die eine noch die andere kann, wenn auf die Probleme des Lebens angewendet, als völlig zuverlässig oder unfehlbar betrachtet werden. Das Leben schließt Phänomene ein, die nicht materiell sind. Die Arithmetik sagt, dass wenn ein Mann ein Schaf in zehn Minuten zu scheren vermag, zehn Männer es in einer Minute tun können. Das ist mathematisch folgerichtig, aber es ist nicht wahr, denn die zehn Männer würden es so nicht schaffen; sie würden sich sehr im Wege stehen und die Arbeit dadurch beträchtlich verzögern. 133:5.5 (1476.7) Logic is valid in the material world, and mathematics is reliable when limited in its application to physical things; but neither is to be regarded as wholly dependable or infallible when applied to life problems. Life embraces phenomena which are not wholly material. Arithmetic says that, if one man could shear a sheep in ten minutes, ten men could shear it in one minute. That is sound mathematics, but it is not true, for the ten men could not so do it; they would get in one another’s way so badly that the work would be greatly delayed.
133:5.6 (1477.1) Die Mathematik behauptet, dass, wenn eine Person für eine gewisse intellektuelle und moralische Werteinheit steht, zehn Personen dem Zehnfachen dieses Wertes entsprechen würden. Aber wenn es um die menschliche Persönlichkeit geht, käme man der Wahrheit näher zu sagen, dass der Wert einer solchen Vereinigung von Persönlichkeiten eher der Quadratzahl der in der Gleichung erfassten Persönlichkeiten als einfach ihrer arithmetischen Summe entspricht. Eine in Koordination und Harmonie zusammenarbeitende soziale Menschengruppe stellt eine Kraft dar, die die bloße Summe der Mitglieder bei weitem übersteigt. 133:5.6 (1477.1) Mathematics asserts that, if one person stands for a certain unit of intellectual and moral value, ten persons would stand for ten times this value. But in dealing with human personality it would be nearer the truth to say that such a personality association is a sum equal to the square of the number of personalities concerned in the equation rather than the simple arithmetical sum. A social group of human beings in co-ordinated working harmony stands for a force far greater than the simple sum of its parts.
133:5.7 (1477.2) Quantität kann als Tatsache identifiziert werden und wird dadurch eine wissenschaftliche Konstante. Qualität ist eine Angelegenheit verstandesmäßiger Interpretation, stellt eine Einschätzung von Werten dar und muss deshalb eine Erfahrung des Individuums bleiben. Wenn sowohl Wissenschaft als auch Religion weniger dogmatisch und für Kritik offener werden, kann die Philosophie damit beginnen, die Einheit in einem intelligenten Verständnis des Universums herzustellen. 133:5.7 (1477.2) Quantity may be identified as a fact, thus becoming a scientific uniformity. Quality, being a matter of mind interpretation, represents an estimate of values, and must, therefore, remain an experience of the individual. When both science and religion become less dogmatic and more tolerant of criticism, philosophy will then begin to achieve unity in the intelligent comprehension of the universe.
133:5.8 (1477.3) Ihr würdet erkennen, dass im kosmischen Universum Einheit herrscht, könntet ihr nur sein tatsächliches Funktionieren wahrnehmen. Das wirkliche Universum ist jedem Kind des ewigen Gottes freundlich gesinnt. Das wahre Problem besteht darin: Wie kann der endliche menschliche Verstand zu einer logischen, wahren und korrespondierenden gedanklichen Einheit gelangen? Ein solcher das Universum kennender Geisteszustand kann nur durch die Vorstellung erreicht werden, dass quantitative Tatsache und qualitativer Wert ihre gemeinsame Ursache im Vater des Paradieses haben. Eine solche Auffassung von Realität ermöglicht eine tiefere Einsicht in die absichtsvolle Einheit der Phänomene des Universums; sie offenbart sogar ein geistiges Ziel fortschreitender Persönlichkeitsentfaltung. Dies ist ein Konzept von Einheit, das ein Gefühl vermitteln kann für den unveränderlichen Hintergrund eines lebendigen Universums von ständig sich verändernden unpersönlichen Zusammenhängen und sich entwickelnden persönlichen Beziehungen. 133:5.8 (1477.3) There is unity in the cosmic universe if you could only discern its workings in actuality. The real universe is friendly to every child of the eternal God. The real problem is: How can the finite mind of man achieve a logical, true, and corresponding unity of thought? This universe-knowing state of mind can be had only by conceiving that the quantitative fact and the qualitative value have a common causation in the Paradise Father. Such a conception of reality yields a broader insight into the purposeful unity of universe phenomena; it even reveals a spiritual goal of progressive personality achievement. And this is a concept of unity which can sense the unchanging background of a living universe of continually changing impersonal relations and evolving personal relationships.
133:5.9 (1477.4) Materie, Geist und der zwischen ihnen liegende Zustand sind drei Ebenen der wahren Einheit des wirklichen Universums, die untereinander in wechselseitigen Beziehungen und Verbindungen stehen. Ungeachtet dessen, wie voneinander abweichend die universellen Phänomene der Tatsachen und der Werte erscheinen mögen, sind sie doch letztlich alle im Supremen geeint. 133:5.9 (1477.4) Matter and spirit and the state intervening between them are three interrelated and interassociated levels of the true unity of the real universe. Regardless of how divergent the universe phenomena of fact and value may appear to be, they are, after all, unified in the Supreme.
133:5.10 (1477.5) Die Realität der materiellen Existenz hat ebenso sehr Verbindung mit unerkannten Energien wie mit der sichtbaren Materie. Wenn die Energien des Universums so verlangsamt werden, bis sie den erforderlichen Geschwindigkeitsgrad besitzen, wird aus eben diesen Energien unter günstigen Bedingungen Masse. Und vergesst nicht, dass der Verstand, der allein die Gegenwart sichtbarer Realitäten feststellen kann, selber auch real ist. Die grundlegende Ursache dieses Universums von Energie-Masse, Verstand und Geist ist ewig — sie existiert und liegt in der Natur und den Reaktionen des Universalen Vaters und seiner absoluten Gleichgeordneten. 133:5.10 (1477.5) Reality of material existence attaches to unrecognized energy as well as to visible matter. When the energies of the universe are so slowed down that they acquire the requisite degree of motion, then, under favorable conditions, these same energies become mass. And forget not, the mind which can alone perceive the presence of apparent realities is itself also real. And the fundamental cause of this universe of energy-mass, mind, and spirit, is eternal—it exists and consists in the nature and reactions of the Universal Father and his absolute co-ordinates.
133:5.11 (1477.6) Die Worte Jesu versetzten sie alle in mehr als Staunen, und der Grieche sagte beim Abschied: „Endlich bin ich eines Juden ansichtig geworden, der noch an etwas anderes als an die Überlegenheit seiner Rasse denkt und von anderen Dingen als Religion spricht.“ Und damit begaben sie sich zur Nachtruhe. 133:5.11 (1477.6) They were all more than astounded at the words of Jesus, and when the Greek took leave of them, he said: “At last my eyes have beheld a Jew who thinks something besides racial superiority and talks something besides religion.” And they retired for the night.
133:5.12 (1477.7) Der Aufenthalt in Athen war angenehm und nützlich, aber nicht besonders ergiebig an menschlichen Kontakten. Zu viele Athener jener Tage litten entweder an intellektuellem Dünkel wegen ihres Rufs vergangener Zeiten, oder sie waren die verstandesmäßig minderbemittelten und unwissenden Nachkommen der niedrigeren Sklaven jener früheren Epochen, als der Ruhm in Griechenland wohnte und Weisheit im Verstand seiner Bewohner. Aber noch gab es viele scharfsinnige Köpfe unter den Bürgern Athens. 133:5.12 (1477.7) The sojourn in Athens was pleasant and profitable, but it was not particularly fruitful in its human contacts. Too many of the Athenians of that day were either intellectually proud of their reputation of another day or mentally stupid and ignorant, being the offspring of the inferior slaves of those earlier periods when there was glory in Greece and wisdom in the minds of its people. Even then, there were still many keen minds to be found among the citizens of Athens.
6. In Ephesus — Vortrag über die Seele ^top 6. At Ephesus—Discourse on the Soul ^top
133:6.1 (1477.8) Nach dem Verlassen Athens begaben sich die Reisenden über die Troas nach Ephesus, der Hauptstadt der römischen Provinz Asien. Sie suchten häufig den berühmten, etwa vier Kilometer außerhalb der Stadt gelegenen Artemis-Tempel auf. Artemis war die bekannteste Göttin von ganz Kleinasien; in ihr lebte die frühere Muttergottheit der anatolischen Vergangenheit weiter. Ihr grobes Standbild, das, wie es hieß, vom Himmel gefallen war, stand in dem ihrer Anbetung geweihten Tempel. Ganid war im Respekt vor Bildnissen als den Symbolen von Göttlichkeit erzogen worden, und nicht alles davon war ausgemerzt. Er fand, er tue gut daran, einen kleinen Silberschrein zu Ehren der kleinasiatischen Fruchtbarkeitsgöttin zu erstehen. An diesem Abend sprachen sie in aller Ausführlichkeit über die Verehrung von Gegenständen, die Menschenhand geschaffen hatte. 133:6.1 (1477.8) On leaving Athens, the travelers went by way of Troas to Ephesus, the capital of the Roman province of Asia. They made many trips out to the famous temple of Artemis of the Ephesians, about two miles from the city. Artemis was the most famous goddess of all Asia Minor and a perpetuation of the still earlier mother goddess of ancient Anatolian times. The crude idol exhibited in the enormous temple dedicated to her worship was reputed to have fallen from heaven. Not all of Ganid’s early training to respect images as symbols of divinity had been eradicated, and he thought it best to purchase a little silver shrine in honor of this fertility goddess of Asia Minor. That night they talked at great length about the worship of things made with human hands.
133:6.2 (1478.1) Am dritten Tag ihres Aufenthaltes gingen sie flussabwärts, um die Ausschlammungsarbeiten am Hafeneingang zu beobachten. Um die Mittagsstunde sprachen sie mit einem jungen Phönizier, der vor Heimweh krank und völlig niedergeschlagen war; vor allem aber war er auf einen gewissen jungen Mann neidisch, der über seinen Kopf hinweg befördert worden war. Jesus sprach ihm Mut zu und zitierte das alte hebräische Sprichwort: „Es sind die Gaben eines Mannes, die ihm Raum schaffen und ihn in die Nähe großer Männer bringen.“ 133:6.2 (1478.1) On the third day of their stay they walked down by the river to observe the dredging of the harbor’s mouth. At noon they talked with a young Phoenician who was homesick and much discouraged; but most of all he was envious of a certain young man who had received promotion over his head. Jesus spoke comforting words to him and quoted the olden Hebrew proverb: “A man’s gift makes room for him and brings him before great men.”
133:6.3 (1478.2) Von allen großen Städten, die sie während dieser Mittelmeerreise besuchten, richteten sie hier am wenigsten von dem aus, was für die spätere Arbeit der christlichen Missionare von Wert gewesen wäre. Das Christentum verdankte seinen Anfang in Ephesus weitgehend dem Einsatz des Paulus, der hier mehr als zwei Jahre lang lebte, wobei er seinen Unterhalt mit der Herstellung von Zelten verdiente und jeden Abend im größten Vorlesungsraum der Schule des Tyrannus über Religion und Philosophie sprach. 133:6.3 (1478.2) Of all the large cities they visited on this tour of the Mediterranean, they here accomplished the least of value to the subsequent work of the Christian missionaries. Christianity secured its start in Ephesus largely through the efforts of Paul, who resided here more than two years, making tents for a living and conducting lectures on religion and philosophy each night in the main audience chamber of the school of Tyrannus.
133:6.4 (1478.3) Es gab da einen aufgeschlossenen Denker, der mit dieser örtlichen Philosophieschule verbunden war, und Jesus führte einige fruchtbare Gespräche mit ihm. Im Verlaufe dieser Unterhaltungen hatte Jesus wiederholt das Wort „Seele“ gebraucht. Der gelehrte Grieche fragte ihn schließlich, was er unter „Seele“ verstehe, und Jesus antwortete: 133:6.4 (1478.3) There was a progressive thinker connected with this local school of philosophy, and Jesus had several profitable sessions with him. In the course of these talks Jesus had repeatedly used the word “soul.” This learned Greek finally asked him what he meant by “soul,” and he replied:
133:6.5 (1478.4) „Die Seele ist jener Teil des Menschen, der das Selbst widerspiegelt, die Wahrheit erkennt und den Geist wahrnimmt und das menschliche Wesen für immer über die Ebene der Tierwelt hinaushebt. Die Selbstbewusstheit an und für sich ist nicht die Seele. Erst die sittliche Selbstbewusstheit ist die wahre menschliche Selbstverwirklichung und bildet die Grundlage der menschlichen Seele. Die Seele ist jener Teil des Menschen, der den potentiellen Überlebenswert der menschlichen Erfahrung darstellt. Die charakteristischen Merkmale der Seele sind: sittliche Entscheidung und geistige Vollbringung, die Fähigkeit, Gott zu kennen und der Antrieb, ihm zu gleichen. Die Seele des Menschen kann nicht getrennt von sittlichem Denken und geistiger Tätigkeit existieren. Eine stagnierende Seele ist eine sterbende Seele. Aber die Seele des Menschen ist etwas anderes als der göttliche Geist, welcher den Verstand bewohnt. Dieser göttliche Geist langt im Augenblick der ersten sittlichen Tätigkeit des menschlichen Verstandes an, und bei dieser Gelegenheit wird die Seele geboren. 133:6.5 (1478.4) “The soul is the self-reflective, truth-discerning, and spirit-perceiving part of man which forever elevates the human being above the level of the animal world. Self-consciousness, in and of itself, is not the soul. Moral self-consciousness is true human self-realization and constitutes the foundation of the human soul, and the soul is that part of man which represents the potential survival value of human experience. Moral choice and spiritual attainment, the ability to know God and the urge to be like him, are the characteristics of the soul. The soul of man cannot exist apart from moral thinking and spiritual activity. A stagnant soul is a dying soul. But the soul of man is distinct from the divine spirit which dwells within the mind. The divine spirit arrives simultaneously with the first moral activity of the human mind, and that is the occasion of the birth of the soul.
133:6.6 (1478.5) „Die Rettung oder der Verlust einer Seele steht damit im Zusammenhang, ob das sittliche Bewusstsein durch einen ewigen Bund mit dem ihm verliehenen unsterblichen Geist den Überlebensstatus erreicht oder nicht. Die Errettung ist die Vergeistigung des sich selbst verwirklichenden sittlichen Bewusstseins, das dadurch Fortlebenswert erlangt. Alle Arten seelischer Konflikte beruhen auf mangelnder Harmonie zwischen der sittlichen oder geistigen Selbstbewusstheit und der rein intellektuellen Selbstbewusstheit. 133:6.6 (1478.5) “The saving or losing of a soul has to do with whether or not the moral consciousness attains survival status through eternal alliance with its associated immortal spirit endowment. Salvation is the spiritualization of the self-realization of the moral consciousness, which thereby becomes possessed of survival value. All forms of soul conflict consist in the lack of harmony between the moral, or spiritual, self-consciousness and the purely intellectual self-consciousness.
133:6.7 (1478.6) „Die gereifte, veredelte und vergeistigte menschliche Seele nähert sich insofern dem himmlischen Zustand, als sie beinahe eine Wesenheit ist, die zwischen dem Materiellen und dem Geistigen liegt, zwischen dem materiellen Selbst und dem göttlichen Geist. Es ist schwierig, die sich in Entwicklung befindliche Seele eines menschlichen Wesens zu beschreiben, und noch schwieriger, sie zu beweisen, da man sie weder mit den Methoden der materiellen Forschung noch mit denen des geistigen Nachweises entdecken kann. Weder materielle Wissenschaft noch rein geistige Untersuchung können ihre Existenz beweisen. Ungeachtet des Unvermögens der materiellen Wissenschaft und der geistigen Kriterien, die Existenz der menschlichen Seele zu entdecken, weiß doch jeder Sterbliche mit sittlichem Bewusstsein um die Existenz seiner Seele als einer wirklichen und tatsächlichen persönlichen Erfahrung.“ 133:6.7 (1478.6) “The human soul, when matured, ennobled, and spiritualized, approaches the heavenly status in that it comes near to being an entity intervening between the material and the spiritual, the material self and the divine spirit. The evolving soul of a human being is difficult of description and more difficult of demonstration because it is not discoverable by the methods of either material investigation or spiritual proving. Material science cannot demonstrate the existence of a soul, neither can pure spirit-testing. Notwithstanding the failure of both material science and spiritual standards to discover the existence of the human soul, every morally conscious mortal knows of the existence of his soul as a real and actual personal experience.”
7. Der Aufenthalt auf Zypern — Ausführungen über den Verstand ^top 7. The Sojourn at Cyprus—Discourse on Mind ^top
133:7.1 (1479.1) Bald darauf liefen die Reisenden in Richtung Zypern aus und machten in Rhodos einen Zwischenhalt. Sie genossen die lange Seereise und langten ausgeruht und erfrischt an Körper und Seele auf der Insel ihrer Bestimmung an. 133:7.1 (1479.1) Shortly the travelers set sail for Cyprus, stopping at Rhodes. They enjoyed the long water voyage and arrived at their island destination much rested in body and refreshed in spirit.
133:7.2 (1479.2) Da ihre Mittelmeerreise sich dem Ende zuneigte, beabsichtigten sie, sich während dieses Zypernaufenthaltes eine Zeit wirklicher Ruhe und Muße zu gönnen. Sie landeten in Paphos und begannen sofort mit der Beschaffung von Vorräten für ihren mehrwöchigen Aufenthalt in den nahen Bergen. Am dritten Tag nach ihrer Ankunft setzten sie sich mit ihren vollbeladenen Tragtieren in Richtung der Berge in Bewegung. 133:7.2 (1479.2) It was their plan to enjoy a period of real rest and play on this visit to Cyprus as their tour of the Mediterranean was drawing to a close. They landed at Paphos and at once began the assembly of supplies for their sojourn of several weeks in the near-by mountains. On the third day after their arrival they started for the hills with their well-loaded pack animals.
133:7.3 (1479.3) Zwei Wochen lang hatten die drei eine sehr fröhliche Zeit miteinander, als der junge Ganid ohne Vorwarnung plötzlich schwer erkrankte. Zwei Wochen lang litt er unter heftigem Fieber und phantasierte dabei häufig. Jesus und Gonod waren beide mit der Pflege des kranken Jungen voll beschäftigt. Jesus sorgte sachkundig und liebevoll für den Jungen, und der Vater staunte über die Sanftheit und das Geschick, die Jesus bei der Umsorgung des leidenden Jungen an den Tag legte. Sie waren von jeder menschlichen Behausung weit entfernt, und der Junge war zu krank, um transportiert zu werden; so richteten sie sich darauf ein, ihn, so gut sie es konnten, dort oben in den Bergen gesund zu pflegen. 133:7.3 (1479.3) For two weeks the trio greatly enjoyed themselves, and then, without warning, young Ganid was suddenly taken grievously ill. For two weeks he suffered from a raging fever, oftentimes becoming delirious; both Jesus and Gonod were kept busy attending the sick boy. Jesus skillfully and tenderly cared for the lad, and the father was amazed by both the gentleness and adeptness manifested in all his ministry to the afflicted youth. They were far from human habitations, and the boy was too ill to be moved; so they prepared as best they could to nurse him back to health right there in the mountains.
133:7.4 (1479.4) Während der dreiwöchigen Genesungszeit Ganids erzählte ihm Jesus viel Interessantes über die Natur und ihre vielfältigen Stimmungen. Und wieviel Freude hatten sie auf ihren Wanderungen über die Höhenzüge, wenn der Junge Fragen stellte, Jesus sie beantwortete und der Vater über die ganze Darbietung staunte! 133:7.4 (1479.4) During Ganid’s convalescence of three weeks Jesus told him many interesting things about nature and her various moods. And what fun they had as they wandered over the mountains, the boy asking questions, Jesus answering them, and the father marveling at the whole performance.
133:7.5 (1479.5) In der letzten Woche ihres Aufenthaltes in den Bergen führten Jesus und Ganid ein langes Gespräch über die Funktionen des menschlichen Verstandes. Nach mehrstündiger Diskussion stellte der Jüngling folgende Frage: „Aber, mein Lehrer, was meinst du damit, wenn du sagst, dass der Mensch eine höhere Form von Selbstbewusstsein hat als die höheren Tiere?“ In heutiger Ausdrucksweise neu formuliert, lautete Jesu Antwort: 133:7.5 (1479.5) The last week of their sojourn in the mountains Jesus and Ganid had a long talk on the functions of the human mind. After several hours of discussion the lad asked this question: “But, Teacher, what do you mean when you say that man experiences a higher form of self-consciousness than do the higher animals?” And as restated in modern phraseology, Jesus answered:
133:7.6 (1479.6) Mein Sohn, ich habe dir bereits Vieles über den menschlichen Verstand und den göttlichen Geist, der ihn bewohnt, erzählt, aber jetzt möchte ich nachdrücklich betonen, dass das Selbstbewusstsein eine Realität ist. Wann immer ein Tier selbstbewusst wird, wird aus ihm ein primitiver Mensch. Eine solche Errungenschaft fußt auf der koordinierten Funktionsweise von unpersönlicher Energie und geistempfänglichem Verstand, und dieses Phänomen rechtfertigt die Verleihung eines absoluten Brennpunktes an die menschliche Persönlichkeit, nämlich des Geistes des Vaters im Himmel. 133:7.6 (1479.6) My son, I have already told you much about the mind of man and the divine spirit that lives therein, but now let me emphasize that self-consciousness is a reality. When any animal becomes self-conscious, it becomes a primitive man. Such an attainment results from a co-ordination of function between impersonal energy and spirit-conceiving mind, and it is this phenomenon which warrants the bestowal of an absolute focal point for the human personality, the spirit of the Father in heaven.
133:7.7 (1479.7) Ideen sind nicht einfach nur Registrierung von Empfindungen; Ideen sind Empfindungen zuzüglich der auf Überlegung beruhenden Deutung durch das persönliche Selbst; und das Selbst ist mehr als die Summe unserer Empfindungen. In einem sich entwickelnden Selbst beginnt so etwas wie eine Annäherung an die Einheit, und diese Einheit geht auf die innewohnende Gegenwart eines Teils absoluter Einheit zurück, der solch einen selbstbewussten Verstand tierischen Ursprungs geistig aktiviert. 133:7.7 (1479.7) Ideas are not simply a record of sensations; ideas are sensations plus the reflective interpretations of the personal self; and the self is more than the sum of one’s sensations. There begins to be something of an approach to unity in an evolving selfhood, and that unity is derived from the indwelling presence of a part of absolute unity which spiritually activates such a self-conscious animal-origin mind.
133:7.8 (1479.8) Kein bloßes Tier könnte ein zeitliches Selbstbewusstsein haben. Die Tiere besitzen eine physiologische Koordination von Empfindungen und damit verknüpften Wahrnehmungen und die Erinnerung daran, aber keines macht die Erfahrung einer sinnvollen Wahrnehmung von Empfindungen oder zeigt ein absichtsvolles Verknüpfen dieser kombinierten physischen Erfahrungen, wie sie sich in den Schlussfolgerungen intelligenter und überlegter menschlicher Interpretationen manifestieren. Diese Tatsache sich selbst bewusster Existenz verbunden mit der Realität späterer geistiger Erfahrung macht aus dem Menschen einen potentiellen Sohn des Universums und lässt vorausahnen, dass er dereinst die höchste Einheit des Universums erreichen wird. 133:7.8 (1479.8) No mere animal could possess a time self-consciousness. Animals possess a physiological co-ordination of associated sensation-recognition and memory thereof, but none experience a meaningful recognition of sensation or exhibit a purposeful association of these combined physical experiences such as is manifested in the conclusions of intelligent and reflective human interpretations. And this fact of self-conscious existence, associated with the reality of his subsequent spiritual experience, constitutes man a potential son of the universe and foreshadows his eventual attainment of the Supreme Unity of the universe.
133:7.9 (1480.1) Zudem ist das menschliche Selbst nicht nur die Summe aufeinander folgender Bewusstseinszustände. Ohne die wirksame Funktion des Sortierens und Verknüpfens der Bewusstseinsinhalte gäbe es nicht genügend Einheit, um die Bestimmung eines Selbst zu gewährleisten. Ein solcher nicht geeinter Verstand könnte kaum menschliche Bewusstseinsebenen erreichen. Wenn die Verknüpfungen des Bewusstseins nur ein Zufall wären, würde der Verstand aller Menschen die unkontrollierten und ziellosen Assoziationen gewisser Phasen von Geisteskrankheit zeigen. 133:7.9 (1480.1) Neither is the human self merely the sum of the successive states of consciousness. Without the effective functioning of a consciousness sorter and associater there would not exist sufficient unity to warrant the designation of a selfhood. Such an ununified mind could hardly attain conscious levels of human status. If the associations of consciousness were just an accident, the minds of all men would then exhibit the uncontrolled and random associations of certain phases of mental madness.
133:7.10 (1480.2) Ein menschlicher Verstand, der nur auf dem Bewusstsein physischer Empfindungen aufgebaut wäre, könnte nie geistige Ebenen erreichen. Einem solchen materiellen Verstand würde jeglicher Sinn für sittliche Werte fehlen, und er hätte kein Gespür für dominierende geistige Führung, die für die Erlangung der Einheit einer harmonischen Persönlichkeit in der Zeit so wesentlich und untrennbar ist von dem Fortleben der Persönlichkeit in der Ewigkeit. 133:7.10 (1480.2) A human mind, built up solely out of the consciousness of physical sensations, could never attain spiritual levels; this kind of material mind would be utterly lacking in a sense of moral values and would be without a guiding sense of spiritual dominance which is so essential to achieving harmonious personality unity in time, and which is inseparable from personality survival in eternity.
133:7.11 (1480.3) Der menschliche Verstand beginnt schon früh, Eigenschaften zu zeigen, die übermateriell sind; der wahrhaft denkende menschliche Intellekt ist nicht gänzlich durch die Grenzen der Zeit gebunden. Dass die Einzelpersonen sich in ihrer Lebensführung so sehr unterscheiden, deutet nicht nur auf die unterschiedlichen Erbanlagen und andersgearteten Umwelteinflüsse hin, sondern auch auf den Grad der Vereinigung mit dem innewohnenden Geist des Vaters, zu welchem das Selbst gelangt ist — auf das Maß der Identifikation des einen mit dem anderen. 133:7.11 (1480.3) The human mind early begins to manifest qualities which are supermaterial; the truly reflective human intellect is not altogether bound by the limits of time. That individuals so differ in their life performances indicates, not only the varying endowments of heredity and the different influences of the environment, but also the degree of unification with the indwelling spirit of the Father which has been achieved by the self, the measure of the identification of the one with the other.
133:7.12 (1480.4) Der menschliche Verstand erträgt den Konflikt doppelter Zugehörigkeit schlecht. Zugleich dem Guten und dem Bösen dienen zu wollen, versetzt die Seele, die diese Erfahrung macht, in erhebliche Anspannung. Ein zutiefst glücklicher und wirkungsvoll geeinter Verstand ist jener, der sich vollkommen der Ausübung des Willens des Vaters im Himmel verschrieben hat. Ungelöste Konflikte zerstören die Einheit und können in geistiger Verwirrung enden. Aber die Fähigkeit einer Seele zum Fortleben wird nicht dadurch gefördert, dass man den Seelenfrieden um jeden Preis zu sichern sucht, edle Ziele aufgibt und geistige Ideale aufs Spiel setzt; man erreicht diesen Frieden vielmehr durch das unentwegte Bejahen des Triumphes der Wahrheit, und dieser Sieg wird errungen durch die Überwindung des Bösen durch die überzeugende Macht des Guten. 133:7.12 (1480.4) The human mind does not well stand the conflict of double allegiance. It is a severe strain on the soul to undergo the experience of an effort to serve both good and evil. The supremely happy and efficiently unified mind is the one wholly dedicated to the doing of the will of the Father in heaven. Unresolved conflicts destroy unity and may terminate in mind disruption. But the survival character of a soul is not fostered by attempting to secure peace of mind at any price, by the surrender of noble aspirations, and by the compromise of spiritual ideals; rather is such peace attained by the stalwart assertion of the triumph of that which is true, and this victory is achieved in the overcoming of evil with the potent force of good.
133:7.13 (1480.5) Am nächsten Tag reisten sie nach Salamis ab, von wo aus sie sich nach Antiochien an der syrischen Küste einschifften. 133:7.13 (1480.5) The next day they departed for Salamis, where they embarked for Antioch on the Syrian coast.
8. In Antiochia ^top 8. At Antioch ^top
133:8.1 (1480.6) Antiochia war die Hauptstadt der römischen Provinz Syrien und Residenz des kaiserlichen Statthalters. Es zählte eine halbe Million Einwohner und stand als drittgrößte Stadt des Reiches an erster Stelle hinsichtlich Verdorbenheit und schamloser Unsittlichkeit. Gonod hatte bedeutenden Geschäften nachzugehen; so waren Jesus und Ganid häufig unter sich. Sie sahen sich mit Ausnahme des Daphnishains in dieser vielsprachigen Stadt alles an. Gonod und Ganid besuchten diesen berüchtigten Ort der Schande, aber Jesus lehnte es ab, sie zu begleiten. Solche Szenen wirkten auf Inder nicht so schockierend, einem idealistischen Hebräer aber waren sie widerlich. 133:8.1 (1480.6) Antioch was the capital of the Roman province of Syria, and here the imperial governor had his residence. Antioch had half a million inhabitants; it was the third city of the empire in size and the first in wickedness and flagrant immorality. Gonod had considerable business to transact; so Jesus and Ganid were much by themselves. They visited everything about this polyglot city except the grove of Daphne. Gonod and Ganid visited this notorious shrine of shame, but Jesus declined to accompany them. Such scenes were not so shocking to Indians, but they were repellent to an idealistic Hebrew.
133:8.2 (1480.7) Jesus wurde sachlich und nachdenklich, als er sich Palästina und damit dem Ende ihrer Reise näherte. Er besuchte in Antiochia nur wenige Leute und ging selten in der Stadt umher. Nach vielen Fragen, wieso sein Lehrer an Antiochia so geringes Interesse zeige, bewog Ganid Jesus endlich zu der Aussage: „Diese Stadt ist nicht weit von Palästina entfernt; vielleicht kehre ich eines Tages hierher zurück.“ 133:8.2 (1480.7) Jesus became sober and reflective as he drew nearer Palestine and the end of their journey. He visited with few people in Antioch; he seldom went about in the city. After much questioning as to why his teacher manifested so little interest in Antioch, Ganid finally induced Jesus to say: “This city is not far from Palestine; maybe I shall come back here sometime.”
133:8.3 (1481.1) Ganid hatte in Antiochia ein sehr interessantes Erlebnis. Der junge Mann hatte sich als fähiger Schüler erwiesen und bereits damit begonnen, einige von Jesu Lehren in die Praxis umzusetzen. Ein gewisser Inder im Unternehmen seines Vaters in Antiochia hatte sich so unangenehm und übelgelaunt entwickelt, dass man an seine Entlassung dachte. Als Ganid davon hörte, begab er sich an den Geschäftssitz seines Vaters und unterhielt sich lange mit seinem Landsmann. Dieser Mann hatte das Gefühl, man habe ihm nicht die richtige Arbeit gegeben. Ganid sprach zu ihm über den Vater im Himmel und erweiterte seine religiösen Ansichten in mancher Weise. Aber von alledem, was Ganid sagte, hatte ein zitiertes hebräisches Sprichwort die beste Wirkung, und dieses Wort der Weisheit lautete: „Was auch immer dir gerade zu tun gegeben ist, tue es mit ganzer Kraft.“ 133:8.3 (1481.1) Ganid had a very interesting experience in Antioch. This young man had proved himself an apt pupil and already had begun to make practical use of some of Jesus’ teachings. There was a certain Indian connected with his father’s business in Antioch who had become so unpleasant and disgruntled that his dismissal had been considered. When Ganid heard this, he betook himself to his father’s place of business and held a long conference with his fellow countryman. This man felt he had been put at the wrong job. Ganid told him about the Father in heaven and in many ways expanded his views of religion. But of all that Ganid said, the quotation of a Hebrew proverb did the most good, and that word of wisdom was: “Whatsoever your hand finds to do, do that with all your might.”
133:8.4 (1481.2) Nachdem sie ihr Gepäck für die Kamelkarawane bereitgestellt hatten, zogen sie nach Sidon hinab und von dort nach Damaskus hinüber, und drei Tage später waren sie bereit, die lange Reise durch den Wüstensand anzutreten. 133:8.4 (1481.2) After preparing their luggage for the camel caravan, they passed on down to Sidon and thence over to Damascus, and after three days they made ready for the long trek across the desert sands.
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133:9.1 (1481.3) Die Durchquerung der Wüste mit der Karawane war für diese weitgereisten Männer keine neue Erfahrung. Ganid hatte seinem Lehrer beim Beladen ihrer zwanzig Kamele zugeschaut. Als er nun sah, wie dieser sich freiwillig anbot, ihr eigenes Tier zu führen, rief er aus: „Mein Lehrer, gibt es irgendetwas, was du nicht kannst?“ Jesus lächelte nur und sagte: „Es ist wohl so, dass der Lehrer in den Augen eines fleißigen Schülers Hochachtung genießt.“ Und sie machten sich nach der alten Stadt Ur auf. 133:9.1 (1481.3) The caravan trip across the desert was not a new experience for these much-traveled men. After Ganid had watched his teacher help with the loading of their twenty camels and observed him volunteer to drive their own animal, he exclaimed, “Teacher, is there anything that you cannot do?” Jesus only smiled, saying, “The teacher surely is not without honor in the eyes of a diligent pupil.” And so they set forth for the ancient city of Ur.
133:9.2 (1481.4) Jesus interessierte sich sehr für die frühe Geschichte von Ur, der Geburtsstätte Abrahams, und ebenso sehr fesselten ihn die Ruinen und Überlieferungen von Susa, und dies in einem Maß, dass Gonod und Ganid ihren Aufenthalt in dieser Gegend um drei Wochen ausdehnten, damit Jesus über mehr Zeit verfüge, um seinen Forschungen nachgehen zu können, und auch, um ihn besser davon überzeugen zu können, mit ihnen nach Indien zurückzukehren. 133:9.2 (1481.4) Jesus was much interested in the early history of Ur, the birthplace of Abraham, and he was equally fascinated with the ruins and traditions of Susa, so much so that Gonod and Ganid extended their stay in these parts three weeks in order to afford Jesus more time to conduct his investigations and also to provide the better opportunity to persuade him to go back to India with them.
133:9.3 (1481.5) In Ur hatte Ganid ein langes Gespräch mit Jesus über den Unterschied zwischen Wissen, Weisheit und Wahrheit. Er war sehr beeindruckt von den Worten eines hebräischen Weisen: „Die Weisheit ist das Wichtigste; erlange deshalb Weisheit. Bei all deinem Streben nach Wissen suche zu verstehen. Stelle die Weisheit über alles, und sie wird dich fördern. Sie wird dir Ehre bringen, wenn du sie dir nur zu Eigen machst.“ 133:9.3 (1481.5) It was at Ur that Ganid had a long talk with Jesus regarding the difference between knowledge, wisdom, and truth. And he was greatly charmed with the saying of the Hebrew wise man: “Wisdom is the principal thing; therefore get wisdom. With all your quest for knowledge, get understanding. Exalt wisdom and she will promote you. She will bring you to honor if you will but embrace her.”
133:9.4 (1481.6) Schließlich kam der Tag der Trennung. Sie waren alle gefasst, besonders der Junge, aber es war eine schwere Prüfung. Zwar standen ihnen Tränen in den Augen, aber sie waren tapferen Herzens. Von seinem Lehrer Abschied nehmend, sagte Ganid: „Lebewohl, mein Lehrer, aber nicht für immer. Wenn ich wieder nach Damaskus komme, werde ich dich aufsuchen. Ich liebe dich, denn ich denke, der Vater im Himmel muss ungefähr wie du sein; wenigstens weiß ich, dass du dem, was du mir über ihn gesagt hast, sehr ähnlich bist. Ich werde deine Lehren in Erinnerung behalten, aber vor allem werde ich dich nie vergessen.“ Und der Vater sagte: „Lebewohl, großer Lehrer, der uns besser gemacht und uns geholfen hat, Gott zu kennen.“ Und Jesus antwortete: „Friede sei mit euch, und der Segen des Vaters im Himmel möge immer bei euch bleiben.“ Jesus stand am Ufer und sah zu, wie das kleine Boot sie zu dem vor Anker liegenden Schiff hinaustrug. So nahm der Meister von seinen indischen Freunden in Charax Abschied. Er sollte sie auf dieser Welt nie wieder sehen, noch sollten sie auf dieser Welt jemals erfahren, dass der Mann, der später als Jesus von Nazareth auftrat, derselbe Freund war, von dem sie sich eben verabschiedet hatten — Josua, ihr Lehrer. 133:9.4 (1481.6) At last the day came for the separation. They were all brave, especially the lad, but it was a trying ordeal. They were tearful of eye but courageous of heart. In bidding his teacher farewell, Ganid said: “Farewell, Teacher, but not forever. When I come again to Damascus, I will look for you. I love you, for I think the Father in heaven must be something like you; at least I know you are much like what you have told me about him. I will remember your teaching, but most of all, I will never forget you.” Said the father, “Farewell to a great teacher, one who has made us better and helped us to know God.” And Jesus replied, “Peace be upon you, and may the blessing of the Father in heaven ever abide with you.” And Jesus stood on the shore and watched as the small boat carried them out to their anchored ship. Thus the Master left his friends from India at Charax, never to see them again in this world; nor were they, in this world, ever to know that the man who later appeared as Jesus of Nazareth was this same friend they had just taken leave of—Joshua their teacher.
133:9.5 (1481.7) Ganid wurde in Indien ein einflussreicher Mann, ein würdiger Nachfolger seines bedeutenden Vaters, und er verbreitete um sich viele der edlen Wahrheiten, die er von Jesus, seinem geliebten Lehrer, gelernt hatte. Als Ganid in seinem späteren Leben von jenem seltsamen Lehrer in Palästina hörte, der seinen Lebensweg an einem Kreuz beendet hatte, erkannte er zwar die Ähnlichkeit zwischen der Botschaft dieses Menschensohnes und den Lehren seines jüdischen Hauslehrers; aber nie wäre es ihm eingefallen, dass diese beiden tatsächlich dieselbe Person waren. 133:9.5 (1481.7) In India, Ganid grew up to become an influential man, a worthy successor of his eminent father, and he spread abroad many of the noble truths which he had learned from Jesus, his beloved teacher. Later on in life, when Ganid heard of the strange teacher in Palestine who terminated his career on a cross, though he recognized the similarity between the gospel of this Son of Man and the teachings of his Jewish tutor, it never occurred to him that these two were actually the same person.
133:9.6 (1482.1) Damit endete im Leben des Menschensohnes das Kapitel, das man überschreiben könnte: Die Sendung Josuas, des Lehrers. 133:9.6 (1482.1) Thus ended that chapter in the life of the Son of Man which might be termed: The mission of Joshua the teacher.